Frauengesundheit ist ein Menschenrecht: Deutscher Ärztinnenbund an Erstellung eines Schattenberichtes für den UN-Ausschuss beteiligt

Pressemitteilung
15.12.2008
Die Allianz von 29 Frauenverbänden – einer davon der Deutsche Ärztinnenbund – überreicht am heutigen Monat dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den von ihnen erarbeiteten Alternativbericht für den UN-CEDAW-Ausschuss.CEDAW steht für „Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women“ - die Konvention der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.
Mit dem Alternativbericht greifen die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) jene Punkte auf, wo sie – im Gegensatz zum CEDAW-Bericht der Bundesregierung - Handlungsbedarf in der Gleichstellungspolitik der Bundesregierung sehen.

„Zum ersten Mal befasst sich ein deutscher Schattenbericht auch mit dem Thema Frauengesundheit“, sagt Dr. Regine Rapp-Engels, Vizepräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, „denn Frauengesundheit ist ebenfalls ein Menschenrecht.“ Sie hat in dem Bericht federführend das Kapitel zu Gesundheit und Pflege betreut. Die Maßnahmen und Erfolge, die der 6. deutsche Staatenbericht der Bundesregierung auf diesem Gebiet beschreibt, sieht sie kritisch. So ist die Gesundheitsforschung und -versorgung immer noch am Mann als Norm orientiert, die Frauen sind lediglich „anders“. Da die Bundesregierung die gleichstellungspolitische Relevanz bei Gesundheitsreformen ausblendet, unterbleibt auch eine geschlechtssensible Gesetzesfolgenabschätzung, es wird also nicht überprüft, ob der nach dem Gesetz garantierte gleichberechtigte Zugang zu Leistungen der Gesundheitsversorgung in der Realität besteht. „Auch die so genannte Mitwirkungspflicht von Patientinnen ist sehr bedenklich! Fehlendes Wissen über geschlechtsspezifische Unterschiede von Therapien, z.B. bei Medikamenten, wo Frauen häufiger unter unerwünschten Arzneimittelwirkungen leiden, kann dazu führen, dass Frauen fälschlich ein nicht therapiegerechtes Verhalten unterstellt wird.“ merkt Dr. Rapp-Engels an. Die Kategorie Geschlecht spiele in der Gesundheitsreform 2007 lediglich eine Rolle als „Risiko“ im Zusammenhang mit dem Risikostrukturausgleich.

Ein weiterer Kritikpunkte des Alternativberichtes ist, dass Entscheidungsgremien in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung nach wie vor überwiegend bis ausschließlich männlich besetzt sind. Auch bei der Versorgung gewaltbetroffener Frauen und Mädchen, von Frauen mit Behinderungen oder von Frauenhandel Betroffenen sehen die Frauenverbände Handlungsbedarf.

Auf der 43. Sitzung des CEDAW-Ausschusses der Vereinten Nationen im Januar in Genf können bei der Befragung der Bundesregierung Aspekte des Schattenberichtes aufgegriffen werden und sich möglicherweise in den „Abschließenden Bemerkungen“ als Handlungsempfehlungen wieder finden. „Somit kann die Arbeit der NGOs auf höchster politischer Ebene gesellschaftliche Veränderungsprozesse anstoßen“, freut sich Frau Dr. Rapp-Engels, die den Deutschen Ärztinnenbund in der Delegation vertreten wird.

Hintergrund:
Deutschland hat das CEDAW-Abkommen 1985 ratifiziert und sich damit verpflichtet, jede Form von Diskriminierung von Frauen zu beseitigen bzw. zu verhindern. Die Anforderungen des CEDAW-Abkommens an die Gleichstellungspolitik erstrecken sich auf alle Lebensbereiche: Gleichstellung vor dem Gesetz, in Ehe und Familie, im wirtschaftlichen und sozialen Leben, im Berufs- und Arbeitsleben, im politischen und öffentlichen Leben, im Bildungsbereich und im Gesundheitswesen (Art. 12).
Zur Überprüfung der Fortschritte bei der Durchführung des Abkommens erstatten die Vertragsstaaten dem entsprechenden Ausschuss für die Beseitigung jeder Diskriminierung von Frauen alle vier Jahre Bericht. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) können diesem Ausschuss in sog. Alternativ- oder Schattenberichten weitere Informationen und Kritikpunkte an den vorgelegten Staatenberichten zukommen lassen. Nachdem der 6. Staatenbericht der Bundesregierung Deutschland im Juni 2007 erschienen ist (BT-DS 16/5807), hat sich eine Allianz von Frauenverbänden gebildet, um den Schattenbericht zu erarbeiten.
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