Gender-Aspekte im Gesundheitswesen berücksichtigen!

Deutscher Ärztinnenbund zieht Bilanz: Gesundheitsreform benachteiligt Frauen stärker und verletzt dadurch das GKV-Grundprinzip der Solidarität

Köln, 03.05.2004
Köln - Vier Monate nach Einführung des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) mahnt der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) Verbesserungen zugunsten der Patientinnen an. DÄB-Präsidentin Dr. Astrid Bühren: "Grundsätzlich sollten die Verbesserungen im GKV-Modernisierungsgesetz dahingehend erfolgen, dass nicht ein Geschlecht - hier vor allem Frauen - benachteiligt und dadurch das GKV-Grundprinzip der Solidarität verletzt wird." Zu dieser Thematik  hat Dr. Bühren auch einen Aufsatz (PDF-Datei) in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Ärztin" des Deutschen Ärztinnenbundes veröffentlicht.
  • Frauen verdienen im Durchschnitt auf allen Gehaltsebenen ein Drittel weniger als Männer und haben dementsprechend geringere Renten. Daher treffen sie die Zuzahlungsregelungen und die Reduktion von Leistungsansprüchen im neuen Gesetz deutlich härter.
  • Das Gleiche gilt für das nun seit dem 1.1.2004 in allen Krankenhäusern anzuwendende Fallpauschalen-System (Diagnosis Related Groups, DRGs): Patientinnen und Patienten werden früher entlassen. Frauen leben jedoch im Alter aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung und der früher sterbenden älteren Partner häufiger allein und haben generell seltener einen pflegeerfahrenen Partner. Zudem sind Frauen zu 83 % Hauptpflegepersonen von vorzeitig entlassenen Familienmitgliedern - mit zum Teil drastischen Folgen für ihre bezahlte Berufstätigkeit und ihre spätere Rente.
  • Regelmäßig beklagen offizielle Stellen zu Recht den Geburtenrückgang in Deutschland. Dass Kinder mittlerweile für viele ein kaum noch bezahlbarer Luxus geworden sind, wird weiter durch verringerte Leistungsansprüche bei der Schwangerenvorsorge in den gesetzlichen Krankenkassen verschärft: Jetzt müssen Heil- und Hilfsmittel wie Antianämika, Magnesium, Jodid, Tokolytika und Kompressionsstrümpfe (mit-) finanziert werden, ebenso wurde das Entbindungsgeld abgeschafft und nicht steuerfinanziert ersetzt. Dazu Dr. Bühren: "Der Deutsche Ärztinnenbund wird weiterhin darauf drängen, dass diese Belastungen für Schwangere entfallen. Insgesamt zeigt die Analyse, dass Teile des Gesetzes Frauen im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 Satz 2 GG benachteiligen."
  • Positiv bewertet der DÄB, dass in die 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) die "angemessene Beteiligung von Frauen und Männern als Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmer in klinischen Studien" mitaufgenommen wurde. Mehrere DÄB-Mitglieder hatten aktiv daran mitgearbeitet, dass diese qualitätssichernde Maßnahme nun auch in Deutschland verpflichtend sein wird.
Dr. Bühren: "Alle anderen bereits vorhandenen geschlechterdifferenten wissenschaftlichen Erkenntnisse sollten nun auch in das Gesundheitssystem - Krankenkassen, Gesetze, medizinische Versorgung - integriert werden. Nur so kann es eine bestmögliche Medizin für Patienten und Patientinnen gleichermaßen geben."
Nachfolgend erhalten Sie für Detailinformationen zu den Kritikpunkten den Artikels (PDF-Datei) aus der "Ärztin" (1/2004).
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