Leihmutterschaft in Deutschland erlauben? Was spricht dafür? Was steht dagegen?

Die Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten. Soll das so bleiben oder gibt es auch Argumente, eine altruistische Leihmutterschaft unter bestimmten Voraussetzungen zu erlauben? Eine Expertin zeigt neue Perspektiven auf.

In einem Workshop beim 36. wissenschaftlichen Kongress des DÄB im vergangenen Herbst in Erfurt beschäftigte sich der Ethikausschuss des Deutschen Ärztinnenbundes mit dem Tabuthema Leihmutterschaft. Wir finden, es sollte in unserer Gesellschaft mehr diskutiert werden, denn es gibt sie: von Leihmüttern im Ausland geborene Kinder, die in Deutschland leben.

Trotz aller Erfolge der Fortpflanzungsmedizin können manche Paare aus unterschiedlichen Gründen nicht schwanger werden. Auch viele homosexuelle Paare, die gesetzlich nun akzeptiert sind, haben ebenfalls einen Kinderwunsch. Man erspart sich eine Debatte mit dem Argument: Es gibt kein Recht auf ein Kind. In der Praxis besteht jedoch technisch die Möglichkeit, mit einer Leihmutter ein Kind zu bekommen – und Paare gehen eben auch den Weg in Länder, in denen eine Leihmutterschaft erlaubt ist.

Betroffene Paare im Dilemma
{{IMG=1068}}Um uns einen Überblick zu verschaffen, hatten wir die Sozialtherapeutin und Familientherapeutin Dr. Petra Thorn eingeladen. Als Kinderwunschberaterin setzt sie sich seit vielen Jahren für die Entstigmatisierung der Familienbildung mit Samenspende ein; in den letzten Jahren beschäftigte sie sich auch mit Eizellspende, Embryonenspende und Leihmutterschaft. Sie stellte uns das aus einer anderen Perspektive dar.

Dr. Thorn vermittelte uns, dass eine Leihmutterschaft in Anspruch zu nehmen sicherlich einer der schwierigsten und kontroversesten Wege ist, ein Kind zu bekommen. Menschen, die diesen Weg gehen, balancieren auf einem Grat zwischen ihrem Urbedürfnis nach einem Kind und dem eindeutigen gesetzlichen Verbot in Deutschland. Zwischen der Chance, mit eigenen Samen und Eizellen ein Kind zu zeugen und der Notwendigkeit, eine Frau zu finden, die bereit ist, die Schwangerschaft auszutragen. Zwischen dem Wunsch, nach der Geburt in die Normalität des Familienalltags übergehen zu können und der komplizierten neuen Familienzusammensetzung, die sich nicht einfach verheimlichen lässt.

Leihmütter schützen
Einig ist man sich, dass Frauen nicht ausgenutzt und in Gefahr gebracht werden dürfen, wenn sie sich als Leihmütter zur Verfügung stellen.

Aber wäre es denkbar, eine altruistische Leihmutterschaft, bei der kein Geld fließt, mit engen Vorgaben in Deutschland – besser noch europaweit – zu erlauben? Wie müssten die rechtlichen Vorgaben aussehen? Wie soll sichergestellt werden, dass die Frauen nicht von den Wunscheltern unter Druck gesetzt werden? Was geschieht, wenn Leihmütter nach der Geburt das Kind nicht abgeben wollen? Welche Rechte haben sie? Gäbe es überhaupt akzeptable Rahmenbedingungen? Solche Fragen will der Ethikausschuss in weiteren Treffen diskutieren und daraus eine Stellungnahme des Deutschen Ärztinnenbundes zur Leihmutterschaft entwerfen.

Dr. med. Gabriele du Bois ist Vorsitzen­de im DÄB­-Ethikausschuss.

E-Mail: duBois@genetikum.de
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