Schilddrüse und Alter

Keywords: Schilddrüsenlabordaten, Schilddrüsenmorphologie, Screening, klinische Symptomatologie und Behandlungsindikation.

Die Schilddrüsenfunktion im Alter zeichnet sich durch eine hohe interindividuelle Varianz aus, mit einer klinischen Oligo- bis Asymptomatologie durch von der Norm abweichende Labordaten und von einer morphologischen Vielfalt. Nicht die durch eine eindeutige Konstellation zur Intervention zwingende Situation bereitet Schwierigkeiten, sondern ein häufig vorzufindendes uneindeutiges Mischbild aus Klinik, Labor und Morphologie. Konsekutive medikamentöse Interventionen müssen jedoch streng, bei vorliegender Multimedikation, hierarchisiert werden. Es stellt sich die Frage, ob durch Kombination von Standard- oder Screeninglabor mit sonographischen Verfahren sich die medikamentöse lnterventionssicherheit erhöhen läßt.

Methode:

Bei n =476 Patienten, davon 271 Frauen und 205 Männern und einem mittleren Altersdurchschnitt von 75,6 Jahren, mit typisch geriatrischer Krankheitskonstellation, wurde systematisch TSH (Norm 0.3-4 uE/ml) und konsekutiv fT4 und T3 bei pathologischem TSH bestimmt und mit sonomorphologischen Befunden korreliert. Gleichzeitig wurde der Herzrhythmus (Sinusrhythmus versus, absolute Arrhythmie) erfaßt.

Ergebnisse:

102 Patienten, 21,4%, wiesen ein von der Norm abweichendes TSH-balsal auf, davon supprimiert 95 (20%), erhöht 7 (1,4%).

Anhand der fT4- Werte (Norm 0,72-0 n/dl) bestand bei 68 (66,4%) der Patienten eine peripher euthyreote, bei 34 (entsprechend 33,3%) der Patienten eine hyperthyreote Stoffwechsellage.

In der sonographischen Volumetrie dokumentierten wir bei 5 Patienten exzessiv vergrößerte Organe (> 100 ml) und gleichzeitig laborchemisch ein supprimiertes TSH-Basal. Bei allen weiteren Patienten lag das mittlere Schilddrüsenvolumen bei 20,9 ml. Bei Frauen im Mittel 21,3 ml, bei Männern im Mittel 20,5 ml.

Somit wiesen 42% der Frauen (n = 115) und 21% der Männer (n = 43) eine Struma auf.

Bis zum 90. Lebensjahr liegt der Mittelwert durchgehend bei ca. 20 ml. Bei den Hochaltrigen (n= 15) jedoch mutmaßlich atrophisch kleine Volumina.

Der weitaus überwiegende Anteil der Stromapatienten hatte TSH-Werte im Bereich der Norm.

Bezüglich der Schilddrüsenmorphologie wiesen 132 der untersuchten Patienten (27%) keine Auffälligkeiten auf. Bei 126 (48%) der Patienten bestanden regressive Veränderungen, davon bei 88 Patienten mäßig, bei 138 in erheblichem Umfang.

Auffällig häufige sonomorphologische Abweichungen trotz normalem TSH-basal Wert. Hingegen auch Darstellung homologer Schilddrüsenmuster trotz supprimiertem TSH-basal. lnsgesamt kein Nachweis einer geschlechts- oder alterspezifischen Korrelation zur Morphologie.

Im EKG ließ sich eine absolute Arrhythmie mit Vorhofflimmern bei 84 Patienten der 476 erfaßten Patienten dokumentieren. Dies entspricht 17,7%. Eine Häufung findet sich bei normalem TSH-basal Wert.

Schlußfolgerung:
  1. Beim Nachweis abnormaler TSH-basal Werte konnte weder eine Beziehung zu einer typischen noch atypischen Symptomatologie hergestellt werden.
  2. Die überwiegende Anzahl der Patienten wies sonomorphologisch regressive Veränderungen auf.
  3. Pathologische Schilddrüsenmorphologie und -funktion sind nicht korrelierbar.
  4. Auch regelhafte Schilddrüsenmorphologie und -funktion lassen sich nicht korrelieren.
  5. Wider Erwarten keine Häufung einer absoluten Arrhythmie bei supprimiertem TSH-basal.
  6. Die dargestellte Varianz stellt eine Normierung von Schilddrüsen, Labor- und Sonographiedaten älterer Menschen infrage.
  7. Klinische (typische und atypische) Symptomatologie und geriatrische Erfahrung des Untersuchers in Kombination mit TSH-Bestimmungen sind die besten Determinanten für eine (medikamentöse) Intervention bei Schilddrüsenfunktionsstörungen.
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