Schilddrüse und Herzerkrankungen

Eine kausale Beziehung zwischen einer Herzvergrößerung und der Schilddrüse wurde bereits bei der Erstbeschreibung der Schilddrüsenüberfunktion durch Parry im Jahre 1786 hergestellt. Die Schilddrüsenhormone üben eine direkte Wirkung am Myozyten aus und beeinflussen die Herzaktion über das sympathikoadrenale System. Sie weisen über zirkulatorische Veränderungen auch indirekte Effekte am Herzen auf.

Kardiovasculäre Symptome bei der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
  • Bei jungen Patienten steht der chronotrope Effekt mit ständig, auch nachts anhaltender Ruhetachykardie und Palpitationen ganz im Vordergrund.
  • Beim älteren Patienten ist nicht selten ein erster Hinweis auf eine beginnende Hyperthyreose ein Vorhofflimmern mit einer Tachyarrhythmia absoluta, einschließlich der Komplikation embolischer Ereignisse. Wichtig ist, daß auch bereits bei einer subklinischen, d. h. latenten Schilddrüsenüberfunktion eine Herzrhythmusstörung gefunden wird. Es konnte nachgewiesen werden, daß im Vergleich zu Schilddrüsen-gesunden Personen bei einer subklinischen Hyperthyreose ein bereits dreifach erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Vorhofflimmerns über einen Zeitraum von 10 Jahren besteht. In Abhängigkeit von der Ausgangssituation sowie der Dauer der Schilddrüsenüberfunktion stellen sich Belastungsdyspnoe und schließlich eine manifeste, oft globale Herzinsuffizienz, oft gekoppelt mit pectanginösen Beschwerden ein.

Die Hypertrophie der Herzmuskelzelle ist Folge der Wirkung des aktiven Hormons Trijodthyronin auf Rezeptorebene. Die verstärkte sympathikoadrenale Aktivität bei Hyperthyreose ist ebenfalls auf Rezeptorebene und nicht über erhöhte Katecholaminspiegel zu erklären.

Zur Diagnosestellung sind neben Anamnese und eingehender klinischen Untersuchung (Tachykardie, Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, Zeichen der Herzinsuffizienz und Koronarinsuffizienz, auskultatorisch 3. Herzton und funktionelles Systolikum sowie Befund einer Mitral- oder Trikuspidalinsuffizienz) zur Sicherung des kardiologischen Befundes EKG, Echokardiographie und gegebenenfalls eine Röntgenaufnahme von Lunge und Herz zu veranlassen. Ein Mitralklappenprolaps ist gehäuft mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse (M. Basedow, Autoimmunthyreoiditis) korreliert und hängt nicht von der jeweiligen Schilddrüsenfunktionslage ab.

Therapeutisch ist neben der Behandlung der Hyperthyreose der Einsatz von Betablockern zur symptomatischen Behandlung der kardialen Übererregbarkeit bei Hyperthyteose erfolgreich einzusetzen. Propranolol hemmt zusätzlich im geringen Maße die Konversion von Thyroxin zu Trijodthyroxin (T4) zu Trijodthyronin (T3).

In Abhängigkeit des Befundes ist eine Herzinsuffizienz entsprechend zu therapieren.

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

1918 wurde von Zondek das Myxödem Herz beschrieben, das insbesondere durch Einlagerung von Mucopolysacchariden im Interstitium des Herzens gekennzeichnet ist.
  1. eine um etwa 30% reduzierte Auswurfleistung (abnehmendes Schlagvolumen, reduzierte Herzfrequenz),
  2. erhöhter peripherer Widerstand,
  3. verlangsamte Blutzirkulation und
  4. ein reduzierter Sauerstoffverbrauch.
Neben charakteristischen klinischen Symptomen der Hypothyreose entwickelt sich zumeist eine Belastungsdyspnoe, im weiter fortgeschrittenen Stadium der Hypothyreose eine Herzinsuffizienz mit Ödembildung. Die Bradykardie ist kein zuverlässiges klinisches Zeichen. Etwa 20% der Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion haben eine Hypertonie aufgrund eines erhöhten Gefäßwiderstandes, bei schwersten hypothyreoten Störungen zeigen sich hypotone Werte.

Ein erhöhtes Arterioskleroserisiko ist bei Hypothyreose nachgewiesen und korreliert mit den Fettstoffwechselstörungen im Sinne eines ungünstigen Verhältnisses von HDL/LDL-Cholesterin und einem LPa-Anstieg.
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