Ärztinnenbund, PRO FAMILIA, Arbeitskreis Frauengesundheit und Berufsverband der Frauenärzte wollen weitere Weichenstellungen für Mifegyne

Köln, 29.11.2000
Der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB), die Familienplanungsorganisation PRO FAMILIA, der Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF) und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) begrüßen gemeinsam, dass der Vertrieb des Präparats Mifegyne für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch auch nach dem Jahreswechsel in Deutschland möglich sein wird. Zugleich weisen die Verbandsvertreterinnen und -vertreter jedoch darauf hin, dass dies nur ein weiterer Schritt hin zur Normalität im Umgang mit dieser medizinisch erprobten und für die Frauen häufig körperlich schonenderen Methode des Schwangerschaftsabbruchs sein kann. 

Gemeinsam appellieren DÄB-Präsidentin Dr. Astrid Bühren, PRO FAMILIA-Vorsitzende Eva Rühmkorf, AKF-Vorsitzende Dr. Claudia Schumann und BVF-Präsident Dr. Armin Malter an Politikerinnen und Politiker, Ärztinnen und Ärzte sowie die Pharmaindustrie, weiter die Weichen zu stellen, dass Mifegyne auch routinemäßig zur Verfügung steht. Es ist aus ethischer, ärztlicher und patientinnenorientierter Sicht erforderlich, dass die vorhandenen medizinischen Methoden auch tatsächlich den Patientinnen - je nach ihrer individuellen körperlichen und seelischen Situation - zur Verfügung stehen. Da der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch eine aktive Beteiligung der Frau erfordert und sie den Abbruch über Tage körperlich spürt durch Blutung und/oder Schmerzen, sind ein erhöhter Beratungsbedarf und eine enge Begleitung der Patientin notwendig. 

Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch erfolgt im Gegensatz zum operativen Eingriff in drei Schritten:




  • Wenn eine Frau die Beratungsbescheinigung gemäß § 219 vorlegen kann, wird in einer für den Schwangerschaftsabbruch zugelassenen Praxis bei einem ersten Termin das Präparat Mifegyne (RU 486) eingenommen, das in den folgenden zwei Tagen die Schwangerschaft beendet und die Schleimhaut von der Innenwand der Gebärmutter löst. Danach können Blutungen einsetzen.


  • Bei einem zweiten Termin wird als zweites Medikament ein Prostaglandin verabreicht, das dazu führt, dass die abgelöste Schwangerschaft und die Gebärmutterschleimhaut abbluten.


  • Bei einem dritten Termin nach etwa 14 Tagen wird überprüft, ob die Schwangerschaft vollständig ausgestoßen und die Blutung zum Stillstand gekommen ist.

Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaften abbrechen, müssen ihren Praxisbetrieb darauf einrichten, ihre Arzthelferinnen instruieren sowie sich auf den höheren Betreuungsbedarf und die aktivere Rolle der Frauen einstellen, die einen medikamentösen Abbruch vornehmen lassen.

Der Deutsche Ärztinnenbund, PRO FAMILIA, der Arbeitskreis Frauengesundheit und der Berufsverband der Frauenärzte halten es im Interesse der Frauen für selbstverständlich, dass eine medizinisch sinnvolle und ethisch vertretbare Methode in indizierten Fällen für Frauen auch tatsächlich zur Verfügung steht. Dies bedeutet für die Verbandsvertreterinnen und -vertreter mehr als die generelle Verfügbarkeit des Präparates sowie eine dem Aufwand der Methode angemessene Honorierung für Ärztinnen und Ärzte. Sie geben zu bedenken, dass die Einführung jeder neuen Methode oder jedes grundsätzlich neuen Medikaments Zeit brauchen, bis sie sich routinemäßig etabliert haben. Deshalb begrüßen die Verbände, dass das Präparat Mifegyne nach seinem ersten Jahr auf dem deutschen Markt weiter für Frauen zur Verfügung stehen wird und dass die Rahmenbedingungen für die anwendenden Ärztinnen und Ärzte verbessert werden dürften. 

Wie in den letzten Tagen bekannt geworden, wurde inzwischen ab Januar 2001 eine neue Vertreiberfirma für das Präparat Mifegyne in Deutschland gefunden.  Mit dem Medikament, das den Wirkstoff RU 486 enthält, können  Schwangerschaften medikamentös abgebrochen werden. Diese Methode wird zum Beispiel in Frankreich bereits seit Jahren eingesetzt. Nach langer Vorlauffrist ist Mifegyne seit Beginn dieses Jahres auch in Deutschland erhältlich. Die Vertreiberfirma Femagen wollte wegen zu geringer Verkaufszahlen den Vertrieb zum Jahresende jedoch wieder einstellen.
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