Foto: DÄB/Catharina Tews

Digitalisierung prägt die Zukunft der Medizin. Sie muss jetzt von uns gestaltet werden

Immer mehr Prozesse im Gesundheitswesen werden digitalisiert, und die politischen Rahmenbedingungen weisen den Ärztinnen und Ärzten neue Aufgaben zu. Ein Beispiel sind Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die unter bestimmten Voraussetzungen auf Rezept verordnet werden können. Zudem lassen sich die Ansprüche von Patientinnen und Patienten sowie wirtschaftliche Entwicklungen als treibende Faktoren für die Digitalisierung der Medizin ausmachen, wobei häufig die Hoffnung auf Kostensenkung im Vordergrund steht. Darum ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns jetzt mit unserem medizinischen Sachverstand mit dem Thema auseinandersetzen. Digitale Werkzeuge können nur so nützlich sein wie die Prozesse, in die sie eingebunden sind. Wir möchten Sie gerne dazu einladen, die Digitalisierung mitzugestalten. Mit Verantwortung und ethischen Leitlinien!

Geschlechtersensibilität in der KI ein Thema

Ärztinnen und Ärzte sollten sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen und grundlegende digitale Kompetenzen erwerben. Ein Aspekt, der besondere Aufmerksamkeit erfordert, ist die Künstliche Intelligenz (KI), die mitunter dazu neigt, Vorurteile zu verstärken. Derzeit werden geschlechtsspezifische Algorithmen noch nicht ausreichend bedacht, obwohl sie für eine personalisierte und faire medizinische Versorgung von großem Nutzen sein könnten. Wir sollten darauf hinwirken, dass die Geschlechterperspektive bei Anwendungen der KI angemessen berücksichtigt wird. Dazu wäre es wünschenswert, Ärztinnen und Patientinnen in die Entwicklung miteinzubeziehen. So wie Forschungsergebnisse sowohl für Frauen als auch für Männer berücksichtigt werden müssen, müssen auch KI-Systeme fair und inklusiv gestaltet werden.

Wir möchten Ärztinnen dazu ermutigen, sich mit diesem wichtigen Thema sowohl auf individueller als auch auf institutioneller Ebene auseinanderzusetzen. Die Beteiligung von Ärztinnen in Entwicklungs- und Steuerungsgremien ist dabei von entscheidender Bedeutung und wir müssen ethische Richtlinien schaffen.

Digitalisierung erhöht Flexibilität

Darüber hinaus eröffnet die Digitalisierung Ärztinnen die Möglichkeit, medizinische Prozesse zu optimieren und berufliche Perspektiven neu zu gestalten. Die Flexibilisierung der medizinischen Arbeit durch digitale Tools kann dazu beitragen, Beruf und Familie zu vereinbaren. Telearbeit und flexible Arbeitszeiten bieten Ärztinnen diese Möglichkeit – ein Thema, das für Ärztinnen immer noch relevanter ist als für ihre männlichen Kollegen. Mit einem Schwerpunkt auf digitalen Fähigkeiten und Telemedizin könnten Ärztinnen Führungsrollen in
innovativen Projekten übernehmen und so ihre Sichtbarkeit und Anerkennung in der medizinischen Gemeinschaft erhöhen.

Ärztinnen haben die Chance und die Verantwortung, die Entwicklungen digitaler Prozesse zu gestalten. Mit unserer Expertise im Ärztinnenbund und in Zusammenarbeit mit vielen anderen Initiativen können wir dafür sorgen, dass digitale
Lösungen fortschrittlich, sinnvoll für uns und patient:innen-
zentriert sind.

Dr. med. Jana Aulenkamp ist Beisitzerin im Vorstand des DÄB und Anästhesistin in Weiterbildung sowie Clinician Scientist an der Universitätsmedizin Essen. Seit diesem Jahr ist sie Mitglied der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein.