Dr. Regine Rapp-Engels: "Gleichberechtigung und Gleichbehandlung in der Medizin sind auch nach 100 Jahren noch nicht erreicht"

Pressemitteilung
08.03.2011
Update: 08.03.2011
Als vor 100 Jahren zum ersten Mal der Internationale Frauentag gefeiert wurde, gab es nur eine Handvoll Ärztinnen in Deutschland. Erst 1900 wurden Frauen in Baden und 1908 in Preußen zum Medizinstudium zugelassen und erst 1913 wurde Rahel Hirsch als erste Professorin, - ohne Gehalt, an der Charité ärztlich tätig. Die Forderungen des Deutschen Ärztinnenbundes, der im vergangenen Jahr sein 85jähriges Bestehen feierte, haben auch heute nichts an Aktualität verloren:

Die Zukunft der Medizin ist weiblich - diese Entwicklung lässt sich schon lange nicht mehr leugnen, doch immer noch sind Ärztinnen in den Spitzenpositionen des Gesundheitswesens kaum oder gar nicht vertreten. So beträgt der Anteil der Frauen bei den W3/C4 Professuren lediglich 5,6 Prozent. Auch in Chefarztpositionen, den Ärztekammern und den Gremien der Kassenärztlichen Vereinigungen sind Frauen unterrepräsentiert, insbesondere in den Vorständen. Und das liegt nicht nur an den fehlenden familienfreundlichen Rahmenbedingungen, denn auch Ärztinnen ohne Kinder stoßen nach wie vor an die so genannte Gläserne Decke.

Dr. med. Regine Rapp-Engels: "Wenn in Anbetracht der steigenden Anzahl an weiblichen Medizinstudierenden unsere männlichen ärztlichen Standesvertreter eine Verweiblichung der Medizin befürchten und sogar mehr oder weniger ernsthaft eine Männerquote fordern, dann kann ich dem nur zustimmen. Alle Gleichstellungsgesetze und Absichtserklärungen haben bisher nicht erreicht, dass zum Beispiel die Wahllisten paritätisch besetzt werden – und zwar insbesondere in den vorderen Rängen. Und eine Quote, ob nun für Männer oder für Frauen wird endlich dazu führen, dass sich die Sitzungskultur in diesen Gremien verändert."

Der DÄB setzt sich aus diesem Grunde seit vielen Jahren im Rahmen seines Mentoringprogramms für eine gezielte Karriereförderung von Ärztinnen ein. Und dies bedeutet mehr als die Umsetzung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen.

Gleichbehandlung ist auch in der medizinischen Forschung und Versorgung noch nicht angekommen: Unterschiede in Gesundheit und Krankheit von Männern und Frauen werden vielerorts immer noch vernachlässigt, würden sie doch die Forschung verteuern. Aber auch das bereits vorhandene, zunehmende Wissen um geschlechtsspezifische Unterschiede ist längst noch nicht zum geläufigen Repertoire praktizierender Ärztinnen und Ärzte geworden.