Erfolgreiche Gesundheits-Apps von Krankenkassen im Test
Bei Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?
Auszug aus dem Vortrag von Prof. Dr. Viviane Scherenberg: MPH
Laut BITKOM besitzen in Deutschland 60 Prozent aller 14- bis 29-Jährigen – mit steigender Tendenz – ein Smartphone. Von ihnen haben 83 Prozent durchschnittlich 23 „Alltagshelfer“ in Form von kleinen Applikationsprogrammen (sogenannten Apps) installiert. Gesundheits-Apps werden nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbands bereits von jedem fünften Bundesbürger genutzt. Sollten Ärztinnen und Ärzte folglich solche Apps beispielsweise von Krankenkassen oder Pharmaunternehmen ihre Patienten empfehlen? Wenn ja, auf welche Aspekte sollte zum Schutz der Nutzer beachten werden?
Grenzenlose Anwendungsmöglichkeiten fürs Wohlbefinden?
Grob definiert sollen Gesundheits-Apps das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden positiv und nachhaltig auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse beeinflussen. Dabei gibt es eine riesige Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten, wie das „European Directory of Health Apps 2012-2013“ mit 200 aufgelisteten Gesundheits-Apps zu 64 Zwecken (zum Beispiel Finder von Behinderten-Toiletten, Scanner für Muttermale, Apps zur Erfassung des Alkoholkonsums) eindrucksvoll verdeutlicht. Laut des amerikanischen „Mobile Health 2012 Report” werden Gesundheits-Apps vorzugsweise zur Erfassung von Fitness- und Trainingsdaten (38 %), Essverhalten (31 %), Gewichtsverlauf (12 %), Menstruationszyklus (7 %) oder zur Verwaltung von Blutdruckdaten (5 %) genutzt. Oft werden Gesundheits-Apps mit Medizin- und Health-Apps gleichgesetzt. Verfolgen Apps indes eine medizinische Zweckbestimmung, stellen sie Medizinprodukte nach § 5 Medizinproduktegesetzes und des Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG dar. Ob Apps (zum Beispiel zur mobilen Visite oder zur Unterstützung der Diagnostik) Medizinprodukte sind oder nicht, klärt der neue MEDDEV-Leitfaden (MEDcal DEVice) der EU-Kommission. In Deutschland müssen Medizin-Apps vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen werden. Ist dies nicht der Fall, trägt der Anbieter im Schadensfall das Haftungsrisiko. Eine Transparenz welche und wie viele Gesundheits-Apps sich zum Beispiel im weltweiten Google Play Store mit über einer Millionen Apps in den gesundheitsrelevanten Kategorien (unter anderem Medizin, Gesundheit, Fitness, Sport, Lifestyle oder Essen und Trinken) befinden, ist kaum möglich. Zumal bei der Einstellung der Apps in die Stores nur technische Aspekte geprüft werden.
Nutzerinnen und Nutzer brauchen Medienkompetenzen und Orientierungshilfen
Da Gesundheits-Apps demzufolge keiner Kontrolle unterliegen, gilt es die Medienkompetenz zu stärken und Orientierungshilfen zu schaffen. Für gesundheitsbezogene Internetseiten hat sich das Siegel der Stiftung Health on the Net (HONcode) und des Aktionsforums Gesundheitsinformation (agfis-Standards) bewährt, dass die Einhaltung überprüfbarer Transparenzkriterien (zum Beispiel Datenschutzeinhaltung, Quellenbeleg für Gesundheitsinformationen, Impressum, Werbe- und Finanzpolitik) garantiert. Für Gesundheits-Apps können Anbieter angelehnt an diese bewährten Standards freiwillig zur Einhaltung von Transparenzkriterien (und einem HealthonApp-Ehrenkodex) verpflichten, damit Qualität stärker in den Fokus gerückt wird. Denn auch Gesundheits-Apps werden aus kommerziellen Motiven entwickelt: Während sich Krankenkassen stark im Bereich der Primärprävention engagieren, Präventionspotenziale erschließen und neue Kunden gewinnen möchten, präsentieren sich Pharmaunternehmen als Managementpartner für bestimmte Krankheitsbilder wie zum Beispiel Asthma und Allergien im Umfeld ihrer eigenen Produkte. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert, indirekte Verantwortungsappelle mithilfe von Transparenz umso wichtiger. Auf der Internet-Seite www.healthon.de wurden zwischenzeitlich über 100 Gesundheits-Apps von 43 Krankenkassen und 28 Pharmaunternehmen unter anderem von der Nutzer-Community selbst aktiv getestet und für so für die breite Öffentlichkeit transparent gemacht.
Fazit: Qualität entscheidet
Auch wenn der App-Markt wächst, letztlich wird die Qualität über Erfolg und Niederlage von Gesundheits-Apps entscheiden. Denn bisher fehlt die wissenschaftliche Evidenz darüber, ob Gesundheit-Apps überhaupt einen Nutzen gegenüber konventionellen Verfahren der Gesundheitsaufklärung oder Therapieführung haben. Erst wenn dieser Nachweis vorliegt, haben Anbieter einen stärkeren Anreiz vermehrt auf die Wirksamkeit zu achten und es wird eine Qualitätsdynamik in Gang gesetzt. Derzeit sind es insbesondere die NutzerInnen, die mit ihrem Nachfrageverhalten das Marktgeschehen beeinflussen. Daher müssen diese sowie wichtige Einflussgruppen wie ÄrztInnen befähigt werden, Gesundheits-Apps auf ihre Seriosität und Qualität einzuschätzen zu können und diese zu prüfen. Im besten Fall, in dem sie ihre Ergebnisse mit der Gemeinschaft zu teilen.
Literatur:
Scherenberg, V. & Kramer, U. (2013): Digitale Prävention - Über Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps, in: Dr. med. Mabuse, September/Oktober Ausgabe 205, S. 43-45.
Scherenberg, V. & Kramer, U. (2013): Schöne neue Welt: Gesünder mit Health-Apps? Hintergründe, Handlungsbedarf und schlummernde Potenziale, in: Jahrbuch Healthcare Marketing 2013, New Business Verlag, Hamburg, S. 115-119.
Zum Weiterlesen: www.scherenberg-online.de/publikationen.html und www.healthon.de
Grenzenlose Anwendungsmöglichkeiten fürs Wohlbefinden?
Grob definiert sollen Gesundheits-Apps das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden positiv und nachhaltig auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse beeinflussen. Dabei gibt es eine riesige Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten, wie das „European Directory of Health Apps 2012-2013“ mit 200 aufgelisteten Gesundheits-Apps zu 64 Zwecken (zum Beispiel Finder von Behinderten-Toiletten, Scanner für Muttermale, Apps zur Erfassung des Alkoholkonsums) eindrucksvoll verdeutlicht. Laut des amerikanischen „Mobile Health 2012 Report” werden Gesundheits-Apps vorzugsweise zur Erfassung von Fitness- und Trainingsdaten (38 %), Essverhalten (31 %), Gewichtsverlauf (12 %), Menstruationszyklus (7 %) oder zur Verwaltung von Blutdruckdaten (5 %) genutzt. Oft werden Gesundheits-Apps mit Medizin- und Health-Apps gleichgesetzt. Verfolgen Apps indes eine medizinische Zweckbestimmung, stellen sie Medizinprodukte nach § 5 Medizinproduktegesetzes und des Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG dar. Ob Apps (zum Beispiel zur mobilen Visite oder zur Unterstützung der Diagnostik) Medizinprodukte sind oder nicht, klärt der neue MEDDEV-Leitfaden (MEDcal DEVice) der EU-Kommission. In Deutschland müssen Medizin-Apps vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen werden. Ist dies nicht der Fall, trägt der Anbieter im Schadensfall das Haftungsrisiko. Eine Transparenz welche und wie viele Gesundheits-Apps sich zum Beispiel im weltweiten Google Play Store mit über einer Millionen Apps in den gesundheitsrelevanten Kategorien (unter anderem Medizin, Gesundheit, Fitness, Sport, Lifestyle oder Essen und Trinken) befinden, ist kaum möglich. Zumal bei der Einstellung der Apps in die Stores nur technische Aspekte geprüft werden.
Nutzerinnen und Nutzer brauchen Medienkompetenzen und Orientierungshilfen
Fazit: Qualität entscheidet
Auch wenn der App-Markt wächst, letztlich wird die Qualität über Erfolg und Niederlage von Gesundheits-Apps entscheiden. Denn bisher fehlt die wissenschaftliche Evidenz darüber, ob Gesundheit-Apps überhaupt einen Nutzen gegenüber konventionellen Verfahren der Gesundheitsaufklärung oder Therapieführung haben. Erst wenn dieser Nachweis vorliegt, haben Anbieter einen stärkeren Anreiz vermehrt auf die Wirksamkeit zu achten und es wird eine Qualitätsdynamik in Gang gesetzt. Derzeit sind es insbesondere die NutzerInnen, die mit ihrem Nachfrageverhalten das Marktgeschehen beeinflussen. Daher müssen diese sowie wichtige Einflussgruppen wie ÄrztInnen befähigt werden, Gesundheits-Apps auf ihre Seriosität und Qualität einzuschätzen zu können und diese zu prüfen. Im besten Fall, in dem sie ihre Ergebnisse mit der Gemeinschaft zu teilen.
Literatur:
Scherenberg, V. & Kramer, U. (2013): Digitale Prävention - Über Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps, in: Dr. med. Mabuse, September/Oktober Ausgabe 205, S. 43-45.
Scherenberg, V. & Kramer, U. (2013): Schöne neue Welt: Gesünder mit Health-Apps? Hintergründe, Handlungsbedarf und schlummernde Potenziale, in: Jahrbuch Healthcare Marketing 2013, New Business Verlag, Hamburg, S. 115-119.
Zum Weiterlesen: www.scherenberg-online.de/publikationen.html und www.healthon.de