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Können Bücher bei der Bewältigung von Angst vor dem Klimawandel helfen?

Glauben Sie, es ist gut, mit Kindern den Klimawandel zu besprechen?

Alle, die mit Kindern zu tun haben, wissen: Sie haben ein gutes Gespür dafür, ob Erwachsene versuchen, etwas von ihnen fernzuhalten und sie interessieren sich für solche Dinge besonders. Deshalb glaube ich, dass Kinder unsere Sorgen über den Klimawandel ohnehin wahrnehmen und mitbekommen, zumal dieses Thema auch in den Medien sehr präsent ist. Deshalb sollte man auf jeden Fall mit ihnen darüber sprechen. Nur so können sie sich ernstgenommen und verstanden fühlen und das ist wichtig, um ihren Ängsten und den daraus resultierenden Folgen zu begegnen.

Können Bücher bei der Bewältigung von Angst vor dem Klimawandel helfen?

Bilder- und Kinderbücher können einen guten Einstieg in ein solches Gespräch bieten. Kinder lernen durch diese Bücher, dass sie mit ihren Ängsten nicht allein sind. Im besten Fall klären die Bücher oder die vorlesenden Erwachse­nen im Gespräch über die Ursachen des Klimawandels auf und zeigen Wege für das eigene klimafreundliche Verhalten auf. Eigenes Handeln ist immer auch ein guter Weg, um der Angst und dem Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefert­seins entgegenzuwirken.

Was sollte man beim Vorlesen/Lesen dieser Bücher beachten?

Es ist grundsätzlich wichtig, das Kind da abzuholen, wo es gerade steht. Das Kind sollte weder über- noch unterfordert sein mit dem Buch. Immer sollte ein Erwachsener als Gesprächspartner:in zur Verfügung stehen, um dem Kind Fragen zu beantworten und es bei der Verarbeitung des Gelesenen zu begleiten. Das gilt umso mehr, je jünger das Kind und je bedrohlicher das Thema ist.

Das Buch von Gisela Cölle „Anton Wassermanns Geburtstag“ kam 2021 auf die Empfehlungsliste der Silbernen Feder. Worum geht es?

Es ist ein Bilderbuch, geschrieben und illustriert von der Mainzer Ärztin und mehrfachen Mutter und Großmutter Gisela Cölle. Es zeigt am Beispiel von Tieren, die ja beliebte Identifikations­figuren für Kinder sind, die Gefahren des Klimawandels auf. Die Tiere, die zu Anton Wassermanns Geburtstag kommen, erzählen von ihren durch den Klimawandel verursachten Problemen: Eisbär Rudi hat keine Wohnung mehr, weil das ganze Eis wegschmilzt, der Regenwald der Orang-Utan-Familie wurde abgeholzt, der Fisch kann wegen des Mikroplastiks nicht mehr im Meer leben. Anhand weiterer Tierfiguren wie dem Fuchs Hubert, der selbst kürzeste Strecken mit dem Auto fährt, wird auf Ursachen der Klimaveränderung aufmerksam gemacht; hier eben unnötige Fahrten. Als Anton Wassermann den Menschen von den Problemen der Tiere erzählt, versprechen diese: „Wir werden in Zukunft besser auf unsere Erde aufpassen.“ Das Buch bietet einen kindgemäßen Einstieg in dieses Thema und zahlreiche Anknüpfungspunkte für Gespräche. Gleichzeitig sensibilisiert es schon Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter für die Bedeutung umweltfreundlichen Verhaltens und zeigt ihnen Wege für ihren Beitrag zum Klimaschutz auf.

In der letzten Zeit haben politische Themen wie Krieg und Flucht verstärkt Einzug ins Bilderbuch gehalten. Gibt es auch vermehrt Bücher zu Klima und Gesundheit?

Es gab in den letzten Jahren tatsächlich zahlreiche Neuerscheinungen dazu, allerdings meist Sachbücher, die über Ursachen und Folgen des Klimawandels aufklären. Auch gibt es einige Bücher über junge Leitfiguren der Klimabewegung. Dabei werden auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit am Rande gestreift. Ein Buch, das sich dezidiert diesem Thema widmet, kenne ich allerdings nicht.

Dr. phil. Maria Linsmann-Dege promovierte in Kunstgeschichte an der RWTH Aachen. Von 1998 bis 2017 leitete sie das Troisdorfer Bilderbuchmuseum, seit 2019 ist sie Kuratorin am Mainzer Gutenberg-Museum. Sie ist Honorar-Professorin an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln und Lehrbeauftragte an der Universität Bonn. Sie ist zudem Mit-glied der Jury der „Silbernen Feder“. Dieser Kinder- und Jugendbuchpreis des DÄB würdigt herausragende Bücher, die sich im weitesten Sinne mit Gesundheit und Krankheit befassen.

Interview: Dr. med. Tonia Iblher, für den Ausschuss Klima und Gesundheit