Quelle: Müttergenesungswerk

Kuren für Mütter oder Mutter oder Vater und Kind: Durch Corona in Gefahr

Fast 50 000 Mütter mit mehr als 70 000 Kindern kommen jährlich in die Mütter- und Mutter-Kind-Kliniken im Müttergenesungswerk (MGW) zu einer ärztlich verordneten Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme. Durch Corona ist die Belastung gestiegen. Zugleich sind die Kliniken jetzt in der Existenz bedroht.

Die Frauen, die eine sogenannte Mutter- oder Mutter- Kind-Kur erhalten (nach §§ 24, 41 SGB V), kommen aus allen sozialen Status- und Berufsgruppen. 80 Prozent sind erwerbstätig, alle sind hochgradig belastet. In der Regel kommen sie mit zwei bis drei Indikationen, darunter zu 80 Prozent psychische Gesundheitsstörungen wie Erschöpfung bis zum Burn-out, Schlafstörungen, Angstgefühle oder depres­sive Verstimmungen, aber auch Muskel-Skelett-Erkrankungen, Allergien, gynäkologische oder Stoffwechselerkrankungen.

Die Corona-Pandemie hat alles auf den Kopf gestellt: Die über 70 MGW-Kliniken mussten im Frühjahr für viele Wochen schließen. Danach konnten sie wegen der pandemiebedingten Vorgaben meist nur mit 60 bis 80 Prozent Belegung wieder in Betrieb gehen – bei vollem Personaleinsatz.

Mehr Belastung, weniger Kuren
Im März wurden die Kliniken, wie auch die anderer Träger, in den Rettungsschirm aufgenommen. Seither bekamen sie für unbelegte Plätze 60 Prozent Ausfallgeld. Dieser Rettungsschirm ist aber am 30. September ausgelaufen. Das MGW hat mit Kliniken, Verbänden und Unterstützer:innen für eine Ver­längerung gekämpft. Der Bedarf ist ungebrochen. Mütter sind jetzt oft sogar noch stärker belastet. Corona zeigt: Traditionelle Rollenverteilungen in Familien sind noch verankert. Insbesondere Frauen tragen die Sorgearbeit und stellen ihre Bedürfnisse zurück. Mit dem dritten Bevölkerungsschutzgesetz hat der Bundestag nun den Rettungsschirm modifiziert fort­geführt. Eine Erleichterung, aber nicht ausreichend. Die Situation bleibt existenzbedrohend, die Gefahr von Schließungen real. Selbst mit Rettungsschirm werden die Kliniken dieses Jahr Defizite im sechsstelligen Bereich verzeichnen.

Die Ausfallzahlungen sind auf 50 Prozent reduziert worden. Der neue Rettungsschirm gilt zudem erst seit dem 18. November 2020 und nur bis zum 31. Januar 2021. Damit gibt es für die in den sechs Wochen zwischen den Rettungsschirmen entstandenen Defizite keine Hilfen. Die von den Kran­ken­kassen geleistete Pauschale von 8 Euro pro Person und Tag – für Mutter-Kind-Kliniken maximal 16 Euro – für den hygienebedingten Mehraufwand ist bis zum 31. Dezember 2020 befristet.

Aktuell steht der Änderungsantrag der CDU/CSU- und SPD- Fraktion zum Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz – (GPVG) zur Abstimmung. Darin sollen Kranken­kassen verpflichtet werden, ihre Kostenvereinbarungen mit den Kliniken aufgrund der Pandemie für Hygiene, Personal und Minderbelegung anzupassen. Insgesamt sind Familien doppelt die Leidtragenden der Corona-Krise: Trotz Mehrbelastung ist die medizinisch-therapeutische Versorgung eingeschränkt und steht auf der Kippe.

Absurde Entwicklung durch Corona
Mütter- und Mutter-Kind-/Vater-Kind-Kuren sind nach wie vor das einzige zielgruppenspezifische Versorgungsangebot im Gesundheitswesen für die Lebenssituation Familie. Als Stiftung leistet das MGW seit 70 Jahren Pionierarbeit für geschlechtsspezifische und ganzheitliche Kuren für Mütter – und nun auch für Väter und pflegende Angehörige. Ein Meilenstein war die politische Durchsetzung des gesetzlichen Anspruchs. Damit immer wieder Erfolge gelingen, braucht das Müttergenesungswerk Unterstützung und Aufmerksamkeit für die Gesundheit von Familien, politisch und sozial: www.gemeinsam-stark.social

Anne Schilling ist seit fast 20 Jahren Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks. Sie hat Politik und Germanistik studiert und war früher unter anderem Bundessprecherin der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.

E-Mail: presse@muettergenesungswerk.de