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Noch fehlt die Feminisierung der Führungsstrukturen

Als Kinderchirurgin hat die Autorin die Situation in den chirurgischen Fächern im Blick – und berichtet hier vom Nachholbedarf und einigen Fortschritten.

Ich bin beim Runden Tisch dabei, da ich mich seit Langem für Chancengleichheit und Gleichberechtigung einsetze. Die Runde ist für mich ein wichtiges Mittel zur Vernetzung und zum Austausch bei diesen Themen. Die Gleichberechtigung von Frauen in der Medizin, insbesondere in chirurgischen Fächern, ist nach wie vor nicht vorhanden. Ärztinnen berichten über Hindernisse bei der Weiterbildung oder über die gläserne Decke. Dabei haben Frauen in den verschiedenen Fachgebieten sehr ähnliche Probleme. Deshalb ist der Runde Tisch des DÄB eine sehr gute Initiative, um auf diese Probleme hinzuweisen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Was Schwangere tun können


Ein wichtiges Thema für die jüngeren Kolleginnen ist das Arbeiten während der Schwangerschaft. Nach wie vor werden viele Schwangere gegen ihren Willen in ein Beschäftigungsverbot geschickt. Gleichzeitig haben die Klinikleitungen Fragestellungen zur rechtlichen Situation für die Beschäftigung Schwangerer, genauso wie die Frage, welche Tätigkeiten Schwangere ausüben können. Der Runde Tisch hat deshalb eine erste Fortbildung zum Thema veranstaltet und sammelt die Positivlisten der Fachgesellschaften über die Tätigkeiten, die in einer Schwangerschaft ausgeführt werden können.

Weibliche Sicht erschwert

Für die Frauen, die die Weiterbildung erfolgreich gemeistert haben, zeigt sich, dass die grundsätzliche Feminisie­rung der Medizin bislang nicht zu einer Feminisierung der Führungsstrukturen führt. In der Kinderchirurgie stieg beispielsweise die Rate der Fachärztinnen nach den Grunddaten der Krankenhäuser von 28 Prozent im Jahr 2004 auf 40 Prozent im Jahr 2021. Die Rate an weiblichen Führungskräften stieg im gleichen Zeitraum hingegen nur von 7 auf 17 Prozent. Gleichberechtigung muss auch in den Fachgesellschaften gelebt werden, da diese zur Politik im Gesundheitswesen beitragen. In den meisten Fachgesellschaften besteht nach wie vor ein deutlicher Überhang von Männern in den Vorstandspositionen, was eine weibliche Sicht auf verschiedene Themen erschwert. Deshalb werden über den Runden Tisch beispielhafte Erfahrun­gen mit und Formulierungen aus den Fachgesellschafts- Satzungen zum Thema Parität ausgetauscht.

Parität bei Kongressen

Da die Fachgesellschaften für die Ausrichtung der Kongresse verantwortlich sind, sind sie ebenfalls für die Verteilung von Sitzungsvorsitzen und geladenen Kongressvorträgen verantwortlich. Erste Fachgesellschaften haben in ihren Kongressleitfäden eine paritätische Verteilung der Sitzungsvorsitzenden auf den nationalen Kongressen vorgesehen. Der Runde Tisch ist ein gutes Medium, um diese Aktivitäten bekannt zu machen und ihre Verbreitung zu fördern.

Dr. med. habil. Andrea Schmedding ist Leiterin der Abteilung für Kinderchirurgie und -urologie am Städtischen Klini­kum Braunschweig und vertritt beim Runden Tisch die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e. V. (DGKCH).

E-Mail: schmedding@kinderchirurgie-online.de
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