Posthumer Beitrag der DÄB-Ehrenpräsidentin Dr. med. Ute Otten zum 100. Gründungstag
Während der Arbeit an dieser speziellen Ausgabe der ärztin ist unsere verdiente und geschätzte Ehrenpräsidentin Ute Otten leider verstorben. Sie starb am 22.08.2024 nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren in Wuppertal im Kreis ihrer Familie. Einige Tage vorher hatte sie noch ihren Artikel zum Gründungstag verfasst. Überschrieben war er: „100 Jahre Deutscher Ärztinnenbund: Fast die halbe Zeit war ich dabei.“ Es war der ausdrückliche Wunsch von Ute Otten, diesen Beitrag auch im Falle ihres Ablebens zu veröffentlichen. Sie war dem DÄB bis zuletzt aufs Engste verbunden und wollte dem DÄB ihre Erlebnisse, ihre Einschätzungen und ihre Wünsche für die Zukunft der Ärztinnenvertretung mit auf den Weg geben. Diesem Ansinnen kommen wir sehr gerne – wenn auch sehr traurig – hier nach. Wir werden Ute Otten sehr vermissen.
Christiane Groß, Präsidentin des DÄB, im Namen des gesamten Deutschen Ärztinnenbundes
Bevor ich in den späten 1970er-Jahren selbst Mitglied des Ärztinnenbundes wurde, kannte ich ihn nicht, obwohl es in Wuppertal bereits seit den Anfängen der 1920er ein Mitglied gab, die Mutter von Barbara Basting.
Dann traf ich im Restaurant neben der Wuppertaler Oper zum ersten Mal die damalige Präsidentin Hedda Heuser und ihre Vizepräsidentin Helga Thieme. Sie überzeugten mich, dass auch wir Ärztinnen ein Netzwerk benötigen, das uns in vielerlei Situationen unterstützt. Eine Gleichberechtigung zwischen Arzt und Ärztin war damals noch in weiter Ferne, Frauen in leitenden medizinischen Positionen die absolute Ausnahme. Als Mutter von drei Kindern war es für mich, wie für viele, schwierig, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, da es kaum externe Betreuungsmöglichkeiten gab. Daher konnte ich lange auch nur freiberuflich – und damit ohne soziale Absicherung – in Teilzeit als Schulärztin am Gesundheitsamt Wuppertal tätig sein. Das alles sind Themen, denen sich der Ärztinnenbund bis heute verpflichtet fühlt. Gemeinsam mit Marie-Louise Fasshauer und Sigrun Muthmann-Hellwig gründete ich die „Gruppe Wuppertal“ und wurde – wie Sigrun Muthmann-Hellwig ironisch bemerkte – Hedda Heusers „Schätzchen“.
So begann meine Reise mit dem Ärztinnenbund, die mir
viele neue Möglichkeiten eröffnet hat; bis hin zu meiner Teilnahme an der Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking über den Deutschen Frauenrat. Über die Jahre intensivierte sich mein Engagement beim Ärztinnenbund, nicht immer zur Freude meiner Familie, aber stets mit deren Unterstützung, nicht zuletzt der meines Mannes. Von 1981 an war ich Mitglied des Vorstandes, dann ab 1985 an der Seite von Hedda Heuser und Ingeborg Retzlaff Vizepräsidentin und wurde 1993 schließlich zur Präsidentin gewählt.
Neben dem eigentlich bis heute währenden Thema des § 218, dem Recht der Frau auf Entscheidung über ihre Schwangerschaft, für dessen Liberalisierung sich der Ärztinnenbund stets eingesetzt hat, trat ab 1990 mit der „Wende“ und der Wiedervereinigung das Bemühen um eine Integration der ostdeutschen Ärztinnen in unseren Verbund in den Vordergrund sowie die Einbindung der osteuropäischen Nachbarn, insbesondere Polen. Keine leichte Aufgabe, denn so schnell „wuchs nicht zusammen, was zusammengehört“. Die großartige Regine Hildebrandt (Sozialministerin in Brandenburg), zu deren Freundinnen ich mich zählen durfte, raunzte mich einmal an: „So schnell jet det nich mit uns und allet war ja nich Mist, Ute!“ Recht hatte sie, denn manches, wie die bewährten Polikliniken, wurde einfach abgewickelt, um nun heute mühsam als MVZ wieder aufgebaut zu werden. Manches ist uns gelungen an Miteinander, manches wartet wohl immer noch darauf zusammenzufinden.
Neben diesen großen Aufgaben war mir als „Leseratte“ stets die „Silberne Feder“ ein persönliches Anliegen. Viele Jahre durfte ich den Stand auf der Frankfurter Buchmesse betreuen, Kontakte knüpfen und dieses Projekt voranbringen. Ähnlich lag mir „Das fröhliche Krankenzimmer“ am Herzen, viele Jahre fungierte ich hier auch als ehrenamtliche Geschäftsführerin, bis es leider aus finanziellen Gründen keine Zukunft mehr gab.
Die Gleichstellung von Ärztinnen in Führungspositionen halte ich bis heute für ein wichtiges Anliegen des Ärztinnenbundes. Ärztinnen haben oft eine andere Sichtweise, die die speziellen Bedürfnisse von Patientinnen berücksichtigt. So werden Medikamente immer noch mitunter nur an männlichen Personen getestet, wobei der weibliche Zyklus unberücksichtigt bleibt. Solche Dinge zur Sprache zu bringen, bedarf es eben einer starken Vertretung wie unseres Ärztinnenbundes, der mir zudem einen Sitz im Vorstand des Deutschen Frauenrates ermöglichte, wodurch ich national wie international unsere Interessen vertreten durfte.
Dem Deutschen Ärztinnenbund wünsche ich für die nächsten 100 Jahre ganz viele engagierte Kolleginnen, denen zum einen die Gleichberechtigung von Arzt und Ärztin am Herzen liegt, aber ebenso – und da spreche ich nun aus eigener Erfahrung – das Wohl der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt des therapeutischen Geschehens und nicht die gewinnorientierte Ökonomisierung. In NRW sagen Frau wie Mann „Glück Auf“ und das wünsche ich dem Ärztinnenbund und euch, liebe Kolleginnen!
Christiane Groß, Präsidentin des DÄB, im Namen des gesamten Deutschen Ärztinnenbundes
Bevor ich in den späten 1970er-Jahren selbst Mitglied des Ärztinnenbundes wurde, kannte ich ihn nicht, obwohl es in Wuppertal bereits seit den Anfängen der 1920er ein Mitglied gab, die Mutter von Barbara Basting.
Dann traf ich im Restaurant neben der Wuppertaler Oper zum ersten Mal die damalige Präsidentin Hedda Heuser und ihre Vizepräsidentin Helga Thieme. Sie überzeugten mich, dass auch wir Ärztinnen ein Netzwerk benötigen, das uns in vielerlei Situationen unterstützt. Eine Gleichberechtigung zwischen Arzt und Ärztin war damals noch in weiter Ferne, Frauen in leitenden medizinischen Positionen die absolute Ausnahme. Als Mutter von drei Kindern war es für mich, wie für viele, schwierig, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, da es kaum externe Betreuungsmöglichkeiten gab. Daher konnte ich lange auch nur freiberuflich – und damit ohne soziale Absicherung – in Teilzeit als Schulärztin am Gesundheitsamt Wuppertal tätig sein. Das alles sind Themen, denen sich der Ärztinnenbund bis heute verpflichtet fühlt. Gemeinsam mit Marie-Louise Fasshauer und Sigrun Muthmann-Hellwig gründete ich die „Gruppe Wuppertal“ und wurde – wie Sigrun Muthmann-Hellwig ironisch bemerkte – Hedda Heusers „Schätzchen“.
So begann meine Reise mit dem Ärztinnenbund, die mir
viele neue Möglichkeiten eröffnet hat; bis hin zu meiner Teilnahme an der Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking über den Deutschen Frauenrat. Über die Jahre intensivierte sich mein Engagement beim Ärztinnenbund, nicht immer zur Freude meiner Familie, aber stets mit deren Unterstützung, nicht zuletzt der meines Mannes. Von 1981 an war ich Mitglied des Vorstandes, dann ab 1985 an der Seite von Hedda Heuser und Ingeborg Retzlaff Vizepräsidentin und wurde 1993 schließlich zur Präsidentin gewählt.
Neben dem eigentlich bis heute währenden Thema des § 218, dem Recht der Frau auf Entscheidung über ihre Schwangerschaft, für dessen Liberalisierung sich der Ärztinnenbund stets eingesetzt hat, trat ab 1990 mit der „Wende“ und der Wiedervereinigung das Bemühen um eine Integration der ostdeutschen Ärztinnen in unseren Verbund in den Vordergrund sowie die Einbindung der osteuropäischen Nachbarn, insbesondere Polen. Keine leichte Aufgabe, denn so schnell „wuchs nicht zusammen, was zusammengehört“. Die großartige Regine Hildebrandt (Sozialministerin in Brandenburg), zu deren Freundinnen ich mich zählen durfte, raunzte mich einmal an: „So schnell jet det nich mit uns und allet war ja nich Mist, Ute!“ Recht hatte sie, denn manches, wie die bewährten Polikliniken, wurde einfach abgewickelt, um nun heute mühsam als MVZ wieder aufgebaut zu werden. Manches ist uns gelungen an Miteinander, manches wartet wohl immer noch darauf zusammenzufinden.
Neben diesen großen Aufgaben war mir als „Leseratte“ stets die „Silberne Feder“ ein persönliches Anliegen. Viele Jahre durfte ich den Stand auf der Frankfurter Buchmesse betreuen, Kontakte knüpfen und dieses Projekt voranbringen. Ähnlich lag mir „Das fröhliche Krankenzimmer“ am Herzen, viele Jahre fungierte ich hier auch als ehrenamtliche Geschäftsführerin, bis es leider aus finanziellen Gründen keine Zukunft mehr gab.
Die Gleichstellung von Ärztinnen in Führungspositionen halte ich bis heute für ein wichtiges Anliegen des Ärztinnenbundes. Ärztinnen haben oft eine andere Sichtweise, die die speziellen Bedürfnisse von Patientinnen berücksichtigt. So werden Medikamente immer noch mitunter nur an männlichen Personen getestet, wobei der weibliche Zyklus unberücksichtigt bleibt. Solche Dinge zur Sprache zu bringen, bedarf es eben einer starken Vertretung wie unseres Ärztinnenbundes, der mir zudem einen Sitz im Vorstand des Deutschen Frauenrates ermöglichte, wodurch ich national wie international unsere Interessen vertreten durfte.
Dem Deutschen Ärztinnenbund wünsche ich für die nächsten 100 Jahre ganz viele engagierte Kolleginnen, denen zum einen die Gleichberechtigung von Arzt und Ärztin am Herzen liegt, aber ebenso – und da spreche ich nun aus eigener Erfahrung – das Wohl der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt des therapeutischen Geschehens und nicht die gewinnorientierte Ökonomisierung. In NRW sagen Frau wie Mann „Glück Auf“ und das wünsche ich dem Ärztinnenbund und euch, liebe Kolleginnen!