Regionalgruppe Lübeck: Interview: Die Klimakrise – ein medizinscher Notfall?
Zwei aktive Mitglieder der Lübecker „Health for Future“-Ortsgruppe waren unsere Referentinnen im Juni. Wie beeinflusst der Klimawandel die Gesundheit? Dazu sprachen Antonia Reisser, Fachärztin für Allgemeinmedizin in eigener Praxis, und Katharina Kewitz, Medizinstudentin im 8. Semester. Im Anschluss an das Treffen haben wir Katharina Kewitz, Sprecherin der Ortsgruppe, interviewt:
Frau Kewitz, ist die Klimakrise auch eine Gesundheitskrise?
Der von Menschen verursachte Klimawandel stellt die größte Herausforderung für die Gesundheit in den nächsten Jahren dar. Schon heute sind Folgen der Klimakrise zu spüren, welche die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt bedrohen. Extremwetterereignisse, Waldbrände, Hitzeperioden, Dürren und sich ausbreitende Infektionskrankheiten sind nur einige Beispiele. Neben der Klimakrise beeinflussen auch andere ökologische Krisen wie der Rückgang der Artenvielfalt, die Übersäuerung der Ozeane und die Zerstörung von Ökosystemen unsere Lebensgrundlagen – und damit auch die Grundlagen menschlicher Gesundheit.
Welche konkreten Auswirkungen existieren bereits?
Jährlich sterben weltweit etwa 8 Millionen Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. In Hitzephasen steigt die Zahl der Schlaganfälle und Herzinfarkte. Allergiker leiden verstärkt unter der zunehmenden Länge und Intensität des Pollenflugs. Die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles des Pariser Klimaabkommens ist nicht in Sicht. Dabei wäre eine drastische Reduktion unserer Treibhausgasemissionen von überlebensnotwendiger Bedeutung.
Warum engagieren Sie sich bei Health for Future?
Über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Klima hatte ich mir bis vor einiger Zeit nie wirklich Gedanken gemacht. Im Medizinstudium, vollgepackt mit Erkrankungen, dia-gnostischen Methoden und Therapien, gab es wenig Raum und Anreiz, sich damit zu beschäftigen. Gerade in der letzten Zeit hat man jedoch viel davon gehört, wie die natürlichen, politischen und ökonomischen Systeme miteinander verbunden sind und auch die Gesundheit beeinflussen. Die Klimakrise ist auch eine Gesundheitskrise – und für mich damit zu einer persönlichen Krise geworden.
Warum sollten wir uns als Ärztinnen und Medizinstudentinnen in diesem Bereich engagieren?
Als Menschen in Gesundheitsberufen tragen wir eine besondere Verantwortung. In der Musterberufsordnung heißt es: ‚Auf- gabe der Ärztinnen und Ärzte ist es, das Leben zu schützen, die Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.’ Gesunde Menschen kann es nur auf einer gesunden Erde geben. Es liegt auch in unserer Verantwortung, die Gesundheit des Planeten zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen,
damit Menschen heute und in Zukunft ein gesundes Leben führen können.
Vom ökologischen Fußabdruck haben die meisten schon einmal gehört. Es geht dabei unter anderem um die Auswirkungen unseres Ernährungsverhaltens und unserer Mobilität. Errechnen lässt er sich zum Beispiel über den CO2-Rechner des Umwelt-Bundesamtes. Was aber hat es mit dem Handabdruck auf sich?
Der Handabdruck berechnet sich aus unserem gesellschaftlichen und politischen Handeln. Als Ärzt:innen, Pflegende, Therapeut:innen und Sanitäter:innen können wir Multiplikator:innen positiver Ansätze sein. Wir genießen großes Vertrauen in der Gesellschaft – häufig mehr als Poliker:innen. Die Veränderungen, die wir brauchen, um auch in Zukunft gesund zu leben und den Planten nicht zu überlasten, sind groß. Daher ist es umso wichtiger, dass wir unsere Rolle finden und Teil einer Transformation in Richtung einer gesunden Zukunft werden, indem wir das Thema in unsere tägliche Arbeit einfließen lassen. Etwa indem wir mit Patient:innen und Kolleg:innen darüber sprechen und indem wir informieren. Auch indem wir laut dafür eintreten, das Thema auf die politische Agenda zu heben und indem wir hinterfragen, wie wir Klima- und Umweltschutz auch im Gesundheitssystem umsetzen können.
Gibt es ein Netzwerk innerhalb des Gesundheitswesens, an das wir anknüpfen können?
Es gibt Netzwerke – für uns im Gesundheitsbereich Tätige insbesondere die ‚Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit’ (KLUG), die sich im Oktober 2017 gründete. Ziel dieser Allianz ist es, deutlich zu machen, welche weitreichende Folgen der Klimawandel auf die Gesundheit hat. Gesundheitsberufe sollen zu Akteuren der notwendigen gesamtgesellschaftlichen Transformation werden und außerdem dazu beitragen, dass der ökologische Fußabdruck des Gesundheitssystems gesenkt wird, um die Erderwärmung zu begrenzen. Health for Future ist eine von KLUG initiierte Aktionsplattform für alle, die sich dafür einsetzen möchten.
Warum lohnt es sich aus Ihrer Sicht, sich zu engagieren?
Die gute Nachricht: Wir können dabei so viel gewinnen. Viele Maßnahmen, die Klima und Umwelt schützen, schützen gleichzeitig unsere Gesundheit: Von saubererer Luft, aktiver und nachhaltiger Mobilität, gesünderer Ernährung und lebenswerteren Städten profitieren im Endeffekt vor allem wir Menschen. Die Lage ist ernst und die Herausforderung groß. Doch wenn wir unsere Verantwortung erkennen, können wir Teil einer Veränderung hin zu einem gesünderen, gerechteren und resilienteren Leben innerhalb der planetaren Grenzen werden.
Das Interview führte Dr. med. Tonia Iblher. Sie ist mit PD Dr. med. Doreen Richardt Vorsitzende der Lübecker Regionalgruppe.
Frau Kewitz, ist die Klimakrise auch eine Gesundheitskrise?
Der von Menschen verursachte Klimawandel stellt die größte Herausforderung für die Gesundheit in den nächsten Jahren dar. Schon heute sind Folgen der Klimakrise zu spüren, welche die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt bedrohen. Extremwetterereignisse, Waldbrände, Hitzeperioden, Dürren und sich ausbreitende Infektionskrankheiten sind nur einige Beispiele. Neben der Klimakrise beeinflussen auch andere ökologische Krisen wie der Rückgang der Artenvielfalt, die Übersäuerung der Ozeane und die Zerstörung von Ökosystemen unsere Lebensgrundlagen – und damit auch die Grundlagen menschlicher Gesundheit.
Welche konkreten Auswirkungen existieren bereits?
Jährlich sterben weltweit etwa 8 Millionen Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. In Hitzephasen steigt die Zahl der Schlaganfälle und Herzinfarkte. Allergiker leiden verstärkt unter der zunehmenden Länge und Intensität des Pollenflugs. Die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles des Pariser Klimaabkommens ist nicht in Sicht. Dabei wäre eine drastische Reduktion unserer Treibhausgasemissionen von überlebensnotwendiger Bedeutung.
Warum engagieren Sie sich bei Health for Future?
Über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Klima hatte ich mir bis vor einiger Zeit nie wirklich Gedanken gemacht. Im Medizinstudium, vollgepackt mit Erkrankungen, dia-gnostischen Methoden und Therapien, gab es wenig Raum und Anreiz, sich damit zu beschäftigen. Gerade in der letzten Zeit hat man jedoch viel davon gehört, wie die natürlichen, politischen und ökonomischen Systeme miteinander verbunden sind und auch die Gesundheit beeinflussen. Die Klimakrise ist auch eine Gesundheitskrise – und für mich damit zu einer persönlichen Krise geworden.
Warum sollten wir uns als Ärztinnen und Medizinstudentinnen in diesem Bereich engagieren?
Als Menschen in Gesundheitsberufen tragen wir eine besondere Verantwortung. In der Musterberufsordnung heißt es: ‚Auf- gabe der Ärztinnen und Ärzte ist es, das Leben zu schützen, die Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.’ Gesunde Menschen kann es nur auf einer gesunden Erde geben. Es liegt auch in unserer Verantwortung, die Gesundheit des Planeten zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen,
damit Menschen heute und in Zukunft ein gesundes Leben führen können.
Vom ökologischen Fußabdruck haben die meisten schon einmal gehört. Es geht dabei unter anderem um die Auswirkungen unseres Ernährungsverhaltens und unserer Mobilität. Errechnen lässt er sich zum Beispiel über den CO2-Rechner des Umwelt-Bundesamtes. Was aber hat es mit dem Handabdruck auf sich?
Der Handabdruck berechnet sich aus unserem gesellschaftlichen und politischen Handeln. Als Ärzt:innen, Pflegende, Therapeut:innen und Sanitäter:innen können wir Multiplikator:innen positiver Ansätze sein. Wir genießen großes Vertrauen in der Gesellschaft – häufig mehr als Poliker:innen. Die Veränderungen, die wir brauchen, um auch in Zukunft gesund zu leben und den Planten nicht zu überlasten, sind groß. Daher ist es umso wichtiger, dass wir unsere Rolle finden und Teil einer Transformation in Richtung einer gesunden Zukunft werden, indem wir das Thema in unsere tägliche Arbeit einfließen lassen. Etwa indem wir mit Patient:innen und Kolleg:innen darüber sprechen und indem wir informieren. Auch indem wir laut dafür eintreten, das Thema auf die politische Agenda zu heben und indem wir hinterfragen, wie wir Klima- und Umweltschutz auch im Gesundheitssystem umsetzen können.
Gibt es ein Netzwerk innerhalb des Gesundheitswesens, an das wir anknüpfen können?
Es gibt Netzwerke – für uns im Gesundheitsbereich Tätige insbesondere die ‚Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit’ (KLUG), die sich im Oktober 2017 gründete. Ziel dieser Allianz ist es, deutlich zu machen, welche weitreichende Folgen der Klimawandel auf die Gesundheit hat. Gesundheitsberufe sollen zu Akteuren der notwendigen gesamtgesellschaftlichen Transformation werden und außerdem dazu beitragen, dass der ökologische Fußabdruck des Gesundheitssystems gesenkt wird, um die Erderwärmung zu begrenzen. Health for Future ist eine von KLUG initiierte Aktionsplattform für alle, die sich dafür einsetzen möchten.
Warum lohnt es sich aus Ihrer Sicht, sich zu engagieren?
Die gute Nachricht: Wir können dabei so viel gewinnen. Viele Maßnahmen, die Klima und Umwelt schützen, schützen gleichzeitig unsere Gesundheit: Von saubererer Luft, aktiver und nachhaltiger Mobilität, gesünderer Ernährung und lebenswerteren Städten profitieren im Endeffekt vor allem wir Menschen. Die Lage ist ernst und die Herausforderung groß. Doch wenn wir unsere Verantwortung erkennen, können wir Teil einer Veränderung hin zu einem gesünderen, gerechteren und resilienteren Leben innerhalb der planetaren Grenzen werden.
Das Interview führte Dr. med. Tonia Iblher. Sie ist mit PD Dr. med. Doreen Richardt Vorsitzende der Lübecker Regionalgruppe.