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Warum wir uns für MINT starkmachen

Technik wird immer noch überwiegend von Männern entwickelt. Frauen, mit einem Bevölkerungsanteil von 50 Prozent, nutzen sie. Der soziale, kulturelle und ökonomische Entwicklungskontext beruht auf meist männlicher Sichtweise. Wir brauchen darum eine feministische Technik.

Ein gutes schlechtes Beispiel ist das Design von Sicherheitsgurten auf der Grundlage von Crash-Test-Dummys (CTD). Bereits 1949 gab es den ersten männlichen CTD für die U.S. Airforce. Modelle für Frauen und Kinder wurden erst seit 1966 entwickelt. Ein weiteres Beispiel sind Algorithmen, die digitalen Produkten wie KI zu Grunde liegen. Mehrheitlich wurden und werden sie mit männlich assoziierten Fakten verknüpft, was dazu führt, dass die Ergebnislisten auf Anfragen in Suchmaschinen auch mehr Antworten mit männlich verknüpften Fakten bereithalten.

MINT ist ein Akronym aus den Wörtern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik und wird verwendet, um ganz allgemein von mehreren, in sich weit gefächer­ten Wissenschaftsgebieten zu sprechen. Damit ist die Problemlage auch schon umrissen: Es geht um Interdisziplinarität und Nachbarschaftsbeziehungen der Fächer. Wird dann noch eine geschlechtsspezifische Sichtweise gefordert, ist die Komplexität deutlich. Viele fragen sich, ob man schneller zum Ziel kommt, wenn wir sie auf einfache lineare Fragestellungen herunterbrechen. Die einfache Antwort ist NEIN.

Frauen müssen gleichberechtigt und paritätisch in den bisher männlich geprägten Fachgebieten vertreten sein, um die Fragestellungen auch mit weiblichem Wissen und weiblichem Blick zu bearbeiten. Dazu benötigen wir die feministische Technik – und darüber hinaus MINT-Forschung, um die Verwobenheit von Geschlechterverhältnissen mit technologischer Forschung und Entwicklung wissenschaftlich zu begleiten. An mehreren deutschen Universitäten wurden mittlerweile entsprechende Lehrstühle eingerichtet.

Wir wollen als Frauen sichtbar sein und nicht nur das: Wir wollen die Hälfte der Führungspositionen. Wir wollen Technik haben, die für und mit Frauen und Männern entwickelt ist, wir wollen Medizin für Frauen und Männer und wir wollen geschlechtergerechte Beteiligung in Forschung und Entwicklung. Wir wollen die Gender Gaps sichtbar machen und ins Bewusstsein holen, um sie zu überwinden. Das ist eine enorm komplexe Herausforderung, aber sie muss sein.

Was können wir alle, als Frauen, als Verband und als gesellschaftliche Gruppe, dazu beitragen? Der Deutsche Akademikerinnenbund e. V. (DAB) engagiert sich seit Jahren für die Vielfalt in MINT-Fächern, um die Lösung von Forschungsfragen und deren Praxisentwicklungen geschlechtergerecht auszurichten. Wir pushen weibliche Role Models und zeigen damit, dass die MINT-Branche attraktiv für Mädchen und Frauen ist. Wir machen weibliche Forschungserkenntnisse und Unternehmen verstärkt sichtbar, indem wir dazu forschen, publizieren, weibliche Forschung auszeichnen und in die Medien gehen. Wir unterstützen die MINT-Strategien in der Politik. Der DAB war beispielsweise Initiatorin und Mitveranstalterin des 1. Münchner-Mädchen-Technik-Tages, dem Vorläufer des heutigen Girls‘ Day und ebenso des ersten Stands „Frau+Technik“ auf der männlichen Industrie-Messe in Hannover, wodurch Frauen in MINT erstmals bundesweit sichtbar wurden. Der DAB gehört zum Kreis der vorschlagsberechtigten Institutionen für den Deutschen Umweltpreis. Das nutzen wir, um exzellente Frauen aus dem MINT-Bereich ins Spiel zu bringen. Im Arbeitskreis „MINT-Frauen im DAB“ engagieren sich Ingenieurinnen, Naturwissenschaftlerinnen und Informatikerinnen, um technikaffine Workshops auf Frauenmessen und eigene Tagungen zu veranstalten. MINT im Allgemeinen ist dem DAB so wichtig, dass das Thema selbst in der Satzung des Verbandes verankert ist.

Manuela Queitsch hat Maschinenwesen, Werkstoffwissenschaft und Anglistik in Dresden und Bibliotheks- und Informationswissenschaft in Berlin studiert und war bis zur Rente als Wissensmanagerin an der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden tätig. Seit 2019 ist sie Präsidentin des Deutschen Akademikerinnenbundes.

Mail: manuela.queitsch@dab-ev.org