„Giving the Gift of Life“: Geschlechterordnungen im Prozess der Lebendorganspende
Zusammenfassung des Vortrags von Dr. phil. Mona Motakef und Sabine Wöhlke*
Die Anzahl von Lebendnierentransplantationen ist in den letzten 15 Jahren in zahlreichen westlichen Staaten um ein vielfaches gestiegen, die Tendenz ist steigend. Seit der systematischen Einführung von Lebendorganspenden bis heute findet sich in nahezu allen Ländern, in denen Lebendorganspenden durchgeführt werden, folgender Befund: Frauen spenden häufiger Organe, während Männer sie häufiger empfangen. Zwei Drittel aller gespendeten Organe stammen von Frauen. Die häufigste Spendergruppe sind Mütter, die an Kinder spenden, gefolgt von Ehefrauen, die an ihre Partner spenden.
Die Gründe für die höhere Organspendebereitschaft von Frauen wurden bisher noch nicht systematisch erfasst. Erste Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass sie mit traditionellen Geschlechterrollen in Verbindung stehen, in denen Fürsorge, Aufopferungsbereitschaft und die Verantwortung für die familiäre Gesundheit als weibliche Pflichten assoziiert werden. Vor allem von Müttern wird eine Lebendorganspende an Kinder eher als Selbstverständlichkeit elterlicher Fürsorge verstanden und keine Option, die sie ablehnen könnten.
In der Gesetzgebung wird aber gerade betont, dass Lebendorganspenden nur durchgeführt werden können, wenn sie nachweislich selbstbestimmt und freiwillig erfolgen. So eindeutig die diesbezüglichen Bestimmungen erscheinen, erweisen sie sich doch in Auseinandersetzung mit der Praxis und somit auch in unseren empirischen Befunden als idealtypisch und abstrakt. In unserem Vortrag bearbeiteten wir deswegen auf Basis von qualitativen Interviews (n=37) die Forschungsfragen: 1.) Welche Prozesse lassen sich in den Familien beobachten, bei denen eine Lebendorganspende erwogen wird? 2.) Welche Bedeutungen haben Gender-Dimensionen bei diesen Prozessen?
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Freiwilligkeit kein statisches und unveränderliches Schwarz-Weiß- Kriterium bildet, sondern ein sich verändernder Prozess, der Reflexion und Kommunikation voraussetzt. Bei einer Lebendorganspende werden Familienideale wirksam, die auf der Idee basieren, dass man sich innerhalb der Familie hilft. Vorhandenen Konflikte werden häufig nicht in der SpenderInnen-EmpfängerInnen-Dyade, sondern in den Familien verhandelt.
Literatur bei den Verfasserinnen.
*Dr. phil. Mona Motakef ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin Arbeitsbereich soziale Ungleichheit und Geschlecht, Universität Duisburg-Essen, Sabine Wöhlke MA arbeitet in der Abteilung Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Göttingen
Die Gründe für die höhere Organspendebereitschaft von Frauen wurden bisher noch nicht systematisch erfasst. Erste Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass sie mit traditionellen Geschlechterrollen in Verbindung stehen, in denen Fürsorge, Aufopferungsbereitschaft und die Verantwortung für die familiäre Gesundheit als weibliche Pflichten assoziiert werden. Vor allem von Müttern wird eine Lebendorganspende an Kinder eher als Selbstverständlichkeit elterlicher Fürsorge verstanden und keine Option, die sie ablehnen könnten.
In der Gesetzgebung wird aber gerade betont, dass Lebendorganspenden nur durchgeführt werden können, wenn sie nachweislich selbstbestimmt und freiwillig erfolgen. So eindeutig die diesbezüglichen Bestimmungen erscheinen, erweisen sie sich doch in Auseinandersetzung mit der Praxis und somit auch in unseren empirischen Befunden als idealtypisch und abstrakt. In unserem Vortrag bearbeiteten wir deswegen auf Basis von qualitativen Interviews (n=37) die Forschungsfragen: 1.) Welche Prozesse lassen sich in den Familien beobachten, bei denen eine Lebendorganspende erwogen wird? 2.) Welche Bedeutungen haben Gender-Dimensionen bei diesen Prozessen?
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Freiwilligkeit kein statisches und unveränderliches Schwarz-Weiß- Kriterium bildet, sondern ein sich verändernder Prozess, der Reflexion und Kommunikation voraussetzt. Bei einer Lebendorganspende werden Familienideale wirksam, die auf der Idee basieren, dass man sich innerhalb der Familie hilft. Vorhandenen Konflikte werden häufig nicht in der SpenderInnen-EmpfängerInnen-Dyade, sondern in den Familien verhandelt.
Literatur bei den Verfasserinnen.
*Dr. phil. Mona Motakef ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin Arbeitsbereich soziale Ungleichheit und Geschlecht, Universität Duisburg-Essen, Sabine Wöhlke MA arbeitet in der Abteilung Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Göttingen