Diagnose Diskriminierung
Benachteiligungen und Diskriminierungen im Gesundheitswesen treffen vor allem Frauen – und sie werden noch immer viel zu oft ignoriert.
Frauen sind das Rückgrat der Gesundheitsversorgung in Deutschland: Sie arbeiten in der Pflege, in Arztpraxen oder Kliniken. Doch wie heißt bis heute der Premium-Tarif fürs Krankenhaus? „Chefarzt-Behandlung“. Leider stimmt das meistens, denn Chefärztinnen gibt es wenige. Zwar sind seit 2022 erstmals mehr Ärztinnen als Ärzte in der ambulanten Versorgung tätig (Arztzahlstatistik 2022 der KBV). Allerdings liegt der Anteil in Führungspositionen an Universitätskliniken bundesweit bei nur 14 % (MWoT 2024). Dabei sind rund zwei Drittel aller Medizinstudierenden heute weiblich. Es ist schwer vorstellbar, dass so viele Frauen nicht qualifiziert genug sein sollen, um aufzusteigen. Die Zahlen deuten auf ein strukturelles Problem. Auf dem Weg zur Fach-, Ober- oder Chefärztin werden für manche offenbar die Hürden höher gesetzt – und die Chancen ungleich verteilt.
Ein wesentliches Problem: die enorme Arbeitsbelastung. Überstunden, Nacht- und Wochenendschichten sind Alltag. Viele Ärztinnen arbeiten 50 bis 60 Stunden pro Woche. Wenn Frauen in diesem Umfeld Kinder bekommen oder Angehörige pflegen, führt das oft zum Karriereknick – anders als bei Männern.
Hinzu kommt: Diskriminierung und sexuelle Belästigung gibt es auch im Gesundheitswesen. Überall, wo Menschen aufeinandertreffen, gibt es Ungleichbehandlungen. Doch im Gesundheitswesen wurde dieses Thema viel zu lange übersehen oder geduldet. Auch Machtstrukturen spielen eine Rolle – etwa, wenn Chefärzte junge Kolleginnen sexuell bedrängen. Manche „Götter in Weiß“ sind offenbar „Machos in Weiß“. Insbesondere aus Kliniken berichten Frauen davon. Aber auch von Kollegen oder Patienten gehen Grenzüberschreitungen aus. Wir wissen aus einer Erhebung: 33 % der befragten Frauen haben sexuelle Belästigung erlebt, einige schon im Medizinstudium oder zu Beginn ihrer Laufbahn.
Oft bleiben die Vorfälle im Verborgenen. Betroffene schweigen aus Scham oder Angst – auch weil häufig Aussage gegen Aussage steht. Dabei ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Diskriminierung und verboten. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, ihre Beschäftigten zu schützen und eine Beschwerdestelle einzurichten. Wer Diskriminierung erlebt, sollte diese nutzen. Kliniken und Arztpraxen sind gut beraten, Strukturen aufzubauen, in denen Missstände offen angesprochen und konsequent bearbeitet werden können. Bleiben Arbeitgeber untätig, etwa bei sexueller Belästigung, haben Beschäftigte das Recht, die Arbeit vorübergehend niederzulegen – ohne Lohnverlust. Vor Gericht haben sie außerdem Anspruch auf eine Entschädigung oder Schadensersatz.
Leider wird Diskriminierung in der medizinischen Ausbildung bislang kaum thematisiert. Studien zeigen, dass Studierende selten darauf vorbereitet werden. Dabei müsste die Sensibilisierung bereits an der Uni beginnen. Antidiskriminierung muss Teil der Ausbildung sein – z. B. Strategien, wie man Diskriminierung erkennt und ihr begegnet. Es gibt dafür gute Vorbilder. Einige Kliniken setzen wichtige Signale: Als erste deutsche Universitätsklinik hat die Charité in Berlin verbindliche Schutz- und Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz eingeführt. Die Asklepios Klinik in Hamburg ermöglicht Chefärztinnen, eine Leitung zu teilen. Wenn Strukturen für Frauen verbessert werden, profitieren auch alle anderen davon. Nicht nur Mütter. Auch Väter, Menschen, die von Rassismus betroffen sind, und andere Gruppen. Und vielleicht wird dann der Premium-Tarif eines Tages auch mal nach Chefärztinnen benannt.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berät Betroffene kostenlos und anonym. Sie prüft, ob eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vorliegt, gibt rechtliche Hinweise und kann Arbeitgeber zu einer Stellungnahme auffordern – sofern Betroffene das ausdrücklich wünschen.
E-Mail: presse@ads.bund.de
Ein wesentliches Problem: die enorme Arbeitsbelastung. Überstunden, Nacht- und Wochenendschichten sind Alltag. Viele Ärztinnen arbeiten 50 bis 60 Stunden pro Woche. Wenn Frauen in diesem Umfeld Kinder bekommen oder Angehörige pflegen, führt das oft zum Karriereknick – anders als bei Männern.
Hinzu kommt: Diskriminierung und sexuelle Belästigung gibt es auch im Gesundheitswesen. Überall, wo Menschen aufeinandertreffen, gibt es Ungleichbehandlungen. Doch im Gesundheitswesen wurde dieses Thema viel zu lange übersehen oder geduldet. Auch Machtstrukturen spielen eine Rolle – etwa, wenn Chefärzte junge Kolleginnen sexuell bedrängen. Manche „Götter in Weiß“ sind offenbar „Machos in Weiß“. Insbesondere aus Kliniken berichten Frauen davon. Aber auch von Kollegen oder Patienten gehen Grenzüberschreitungen aus. Wir wissen aus einer Erhebung: 33 % der befragten Frauen haben sexuelle Belästigung erlebt, einige schon im Medizinstudium oder zu Beginn ihrer Laufbahn.
Oft bleiben die Vorfälle im Verborgenen. Betroffene schweigen aus Scham oder Angst – auch weil häufig Aussage gegen Aussage steht. Dabei ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Diskriminierung und verboten. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, ihre Beschäftigten zu schützen und eine Beschwerdestelle einzurichten. Wer Diskriminierung erlebt, sollte diese nutzen. Kliniken und Arztpraxen sind gut beraten, Strukturen aufzubauen, in denen Missstände offen angesprochen und konsequent bearbeitet werden können. Bleiben Arbeitgeber untätig, etwa bei sexueller Belästigung, haben Beschäftigte das Recht, die Arbeit vorübergehend niederzulegen – ohne Lohnverlust. Vor Gericht haben sie außerdem Anspruch auf eine Entschädigung oder Schadensersatz.
Leider wird Diskriminierung in der medizinischen Ausbildung bislang kaum thematisiert. Studien zeigen, dass Studierende selten darauf vorbereitet werden. Dabei müsste die Sensibilisierung bereits an der Uni beginnen. Antidiskriminierung muss Teil der Ausbildung sein – z. B. Strategien, wie man Diskriminierung erkennt und ihr begegnet. Es gibt dafür gute Vorbilder. Einige Kliniken setzen wichtige Signale: Als erste deutsche Universitätsklinik hat die Charité in Berlin verbindliche Schutz- und Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz eingeführt. Die Asklepios Klinik in Hamburg ermöglicht Chefärztinnen, eine Leitung zu teilen. Wenn Strukturen für Frauen verbessert werden, profitieren auch alle anderen davon. Nicht nur Mütter. Auch Väter, Menschen, die von Rassismus betroffen sind, und andere Gruppen. Und vielleicht wird dann der Premium-Tarif eines Tages auch mal nach Chefärztinnen benannt.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berät Betroffene kostenlos und anonym. Sie prüft, ob eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vorliegt, gibt rechtliche Hinweise und kann Arbeitgeber zu einer Stellungnahme auffordern – sofern Betroffene das ausdrücklich wünschen.
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