Foto: © Katrin Neuhauser, DFV

„Wer hilft, hat Respekt verdient“

Karl-Heinz Banse ist Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV). Wir sprachen mit ihm über Gewalt gegen Einsatzkräfte und welche Forderungen die Feuerwehren diesbezüglich an die Politik haben.

Herr Banse, in den Jahren 2023 und 2024 hat der DFV mit dem Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV Feuerwehrleute zu ihren Erfahrungen mit Gewalt im Einsatz befragt. Was war das Ergebnis?

Das Ergebnis beider Umfragen war, dass Gewalt im Einsatz leider für ziemlich viele Feuerwehrangehörige Alltag ist. Rund die Hälfte derjenigen, die sich an der Umfrage beteiligt hatten – zuletzt immerhin rund 7.500 Personen – hatte in den vergangenen zwei Jahren Gewalt im Einsatz erlebt. Der Großteil hatte angegeben, Ziel verbaler Gewalt wie Beschimpfungen und Beleidigungen gewesen zu sein. Häufig berichteten sie auch über Einschüchterungsversuche, z. B. die Androhung, mit dem Auto angefahren zu werden. Tätliche Angriffe, z. B. mit Fäusten, Feuerwerk oder einer Waffe, scheint es zum Glück deutlich seltener zu geben.

An den Umfragen haben sowohl Feuerwehrmänner als auch -frauen teilgenommen. Gab es geschlechtsspezifische Unterschiede?

90 % der Einsatzkräfte, die sich an der Umfrage beteiligt haben, waren Männer, 10 % Frauen. Das entspricht auch ungefähr dem Geschlechterverhältnis, das wir insgesamt bei den Feuerwehren vorfinden. Unterschiede konnten wir vor allem bei verschiedenen Gewaltformen feststellen. Diskriminierendes Verhalten hatten z. B. 19 % der Frauen erlebt und 8 % der Männer. Jede fünfte Frau gab an, mit sexuellen Gebärden konfrontiert worden zu sein, aber nur jeder zwanzigste Mann. Körperliche Gewalt wie das Bewerfen mit Feuerwerkskörpern oder Schubsen und Anrempeln hatten dagegen Männer häufiger erlebt als Frauen. Möglicherweise erklären diese unterschiedlichen Erfahrungen das divergierende Anzeigeverhalten nach einem Vorfall. Während ein Drittel der Männer den als am schlimmsten empfundenen Vorfall bei den Behörden angezeigt hat, war es bei den Frauen nur ein Viertel.

Was müssten Politik und Gesellschaft aus Ihrer Sicht tun, um dieser Entwicklung zu begegnen?

Wer hilft, hat Respekt verdient. Die Mehrheit in unserer Gesellschaft sieht das zum Glück immer noch so. Dennoch erleben viele ehren- und hauptamtliche Feuerwehrangehörige im Alltag auch das krasse Gegenteil. Das darf die Politik, das darf die Gesellschaft nicht hinnehmen. Wir Feuerwehren müssen uns darauf verlassen können, dass Gewalt gegen uns effektiv verfolgt wird – besonders in Großstädten. Vereinfachte Anzeigeverfahren und Sonderanwaltschaften wären hier hilfreich. Der Alkohol- und Drogenmissbrauch muss offenbar in den Großstädten stärker bekämpft werden, um Übergriffe zu verhindern. Neben der konsequenten Verfolgung von Straftaten braucht es aber auch ein klares Signal der gesamten Gesellschaft. Eltern, Schulen und Kindertagesstätten sollten bereits Kindern vermitteln, dass wir den Einsatz für andere wertschätzen müssen. Denn unser aller Sicherheit hängt daran, dass es Menschen gibt, die sich dafür engagieren.