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Foto: Uniklinik RWTH Aachen
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Arbeitswelten im Wandel: Flexibilität dank Telemedizin

Telemedizin schafft lebensphasenorientierte Arbeitsplätze für mehr Flexibilität und Zufriedenheit

Die moderne Arbeitswelt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der selbst im starr regulierten Gesundheitswesen spürbar ist. Traditionelle Arbeitsmodelle stoßen an ihre Grenzen, wenn es darum geht, den verschiedenen Lebensphasen und Bedürfnissen von Ärztinnen gerecht zu werden. Telemedizin stellt in diesem Zusammenhang eine innovative Lösung dar, um flexible und lebensphasenorientierte Arbeitsplätze, z. B. während der Schwangerschaft, in Still-/Elternzeit oder kurz vor dem Ruhestand, zu schaffen. Telemedizin kann dazu beitragen, attraktive Arbeitsumfelder aufzubauen und sowohl dem Fachkräftemangel als auch auszeitbedingten Karrierebrüchen entgegenzuwirken.

Die Klinik für Anästhesiologie und die Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care der Uniklinik RWTH Aachen treiben seit vielen Jahren das Thema Telemedizin in Forschung und Versorgung voran. Hier halten telemedizinische Anwendungen zunehmend Einzug in den Versorgungsalltag. Diese ermöglichen es Fachärztinnen, ihre Expertise aus einem sicheren Arbeitsumfeld heraus orts- und zeitunabhängig einzubringen. Beispielsweise können Anästhesistinnen klassische perioperative Leistungen, wie z. B. die Prämedikation, telemedizinisch erbringen. Nach einer digitalen Anamnese und einer allgemeinen Risikoaufklärung, die eigenverantwortlich durch die Patientin oder den Patienten geschieht, erfolgen individuelle Aufklärung sowie Einholung des Einverständnisses in einem Videogespräch. Das Programm soll zukünftig erweitert werden und ärztlichen Kolleginnen neue Einsatzmöglichkeiten bieten, z. B. während der Schwangerschaft oder im Rahmen der Wiedereingliederung nach Verletzungen, die eine Tätigkeit im OP verhindern. Dadurch trägt die telemedizinische Narkoseaufklärung nicht nur zur Steigerung des Patientenkomforts bei [1], sondern eröffnet flexible, lebensphasenorientierte Arbeitsmodelle im Homeoffice und unterstützt ökologische Nachhaltigkeitsaspekte [2].

Die Anwendung von Telemedizin in der Intensivmedizin, sowohl in der eigenen Klinik als auch in einem kooperierenden Krankenhaus der Allgemeinversorgung, bietet die Möglichkeit, Teams und v. a. auch unerfahreneren Kolleginnen und Kollegen mit hoher Expertise zur Seite zu stehen, ohne physisch vor Ort zu sein. Dieses Konzept führt bewiesenermaßen zu einer Steigerung leitlinienadhärenter Behandlung [3] und erfreut sich zunehmender Akzeptanz [4]. Die Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care der Uniklinik RWTH Aachen beschäftigt seit vielen Jahren einen Großteil der Fachärztinnen und -ärzte mit Zusatzweiterbildung Spezielle Intensivmedizin anteilig im klinikeigenen Funktionsbereich Telemedizin.

Der allgemeine Wandel fordert eine Flexibilisierung von Arbeit. Telemedizin und Digitalisierung können dazu beitragen. Dafür müssen entsprechend nachhaltige und flexible Arbeitsplätze und -zeitmodelle etabliert werden.

Dr. med. Sandra Dohmen ist Oberärztin an der Klinik für Operative Intensivmedizin u. Intermediate Care der Uniklinik RWTH Aachen und 2. Sprecherin des wissenschaftlichen Arbeitskreises Digitale Medizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI).

E-Mail: sdohmen@ukaachen.de


PD Dr. med. Jana Mossanen ist Oberärztin an der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care der Uniklinik RWTH Aachen und Trägerin des Brigitte-Gilles-Preises, mit dem die Sichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft erhöht werden soll.

E-Mail: jmossanen@ukaachen.de


Dr. med. Andreas Follmann ist Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie der Uniklinik RWTH Aachen, Leiter des Acute Care Innovation Hub und Leitender Notarzt der Stadt Aachen. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin.

E-Mail: afollmann@ukaachen.de

Literatur:

  1. Wienhold, Jan, et al. "Teleconsultation for preoperative evaluation during the coronavirus disease 2019 pandemic: a technical and medical feasibility study."European Journal of Anaesthesiology| EJA38.12 (2021): 1284-1292.
  2. Grüßer, Linda, et al. "Teleconsultation for preoperative anesthesia evaluation: identifying environmental potentials by life cycle assessment."Telemedicine and e-Health30.7 (2024): e2050-e2058.
  3. Marx, Gernot, et al. "An innovative telemedical network to improve infectious disease management in critically ill patients and outpatients (TELnet@NRW): stepped-wedge cluster randomized controlled trial."Journal of Medical Internet Research24.3 (2022): e34098.
  4. Schmidhuber, Carolin, et al. "Potential of a Telemedical, Inpatient-Outpatient Care Concept to Improve the Quality of Healthcare from the User's Perspective-An Acceptance Analysis of the TELnet@NRW Study." (2024): 723-729.
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