Signale für wachsende Geschlechtersensibilität

Umbenennungen und mehr gendergerechte Sprache in Artikeln zu ärztlichen Themen: 2021 gab es einige Leuchtturm-Projekte für das Anliegen, die Frauen in der Medizin sichtbarer zu machen. Der DÄB engagiert sich weiterhin fürs Gendern, denn es ist noch viel zu tun.

Eine einfache Google-Suche befördert einen ins Jahr 2004. Damals schrieb Prof. Dr. med. Gabriele Kacz­marczyk, Ehrenmitglied des DÄB, einen Leserbrief an das Deutsche Ärzteblatt und bemängelte die Männerlastigkeit in der Darstellung. Die Folge war eine Leserbriefdebatte, die sich stark auf sprachliche Aspekte bezog und auch Spötter auf den Plan rief. Nach dem Motto: Müsste es dann nicht ebenfalls Kurpfuscherinnen heißen? 17 Jahre später haben sich die öffentlichen Diskussionen zur gendergerechten Sprache kaum verändert. Eine Weiterentwicklung in der Argumentation fehlt weitgehend. Doch es gibt auch Positivbeispiele. Zwei wollen wir hier kurz vorstellen:

Internistinnen und Internisten

Der Berufsverband Deutscher Internisten heißt jetzt „Berufs­verband Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. (BDI)“. Wie der Verband mitteilte, sei die Aufnahme der weiblichen Form in den Verbandsnamen und die Verwendung geschlechtersensibler Sprache erfolgt als „deutliches Zeichen für Gleichberech­ti­gung“. Seit September 2020 steht mit Christine Neumann-Grutzeck beim BDI erstmals eine Frau an der Verbands­spitze. Sie kommentierte die Umbenennung: „Ich freue mich sehr, dass unsere Delegierten dem Antrag des Vorstandes mit überwältigender Mehrheit gefolgt sind und voll hinter dem Weg stehen, den der BDI mit dieser Umbenennung einschlägt.“ Sprache präge die Wahrnehmung, sagt sie und verweist darauf, dass im BDI in der Altersgruppe bis 45 Jahren die Frauen in der Mehrheit sind.

Berliner Ärzt:innen


Ein weiteres Signal kommt aus der Hauptstadt: Seit der Juni- Ausgabe heißt die Mitgliederzeitschrift der Ärztekammer Berlin nun „Berliner Ärzt:innen“. Die Delegiertenversammlung hatte das im April beschlossen; „mit großer Mehrheit“, wie ÄKB-Präsident PD Dr. med. Peter Bobbert in seinem Editorial schreibt. Die Kammer sei das Abbild der Berliner Ärzt:innenschaft. Deswegen müsse sie das „Wir“ auch darstellen, um es leben zu können, schreibt er. Der neue Zeitschriftenname ist auch Teil eines insgesamt neuen öffentlichen Erscheinungsbildes, des Corporate Designs, der Kammer.

Der DÄB setzt sich schon lange für eine gendergerechte Sprache ein: unter anderem durch manche Leserbriefe an Fachzeitschriften, deren Wortgebrauch zu wenig konsequent die Frauen in der Medizin benennt oder diese sprachlich ganz außen vor lässt. Die Reaktionen sind in der Regel gemischt. Es gibt Zuspruch, aber fast immer auch den Verweis auf das generische Maskulinum mit Begründungen, die Sprachwissenschaftler teilweise in den 1960er Jahren vorgebracht haben. Das Interview mit Prof. Dr. phil. Gabriele Diewald zeigt den aktuellen Stand der Forschung.
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