Umfrage des Deutschen Ärztinnenbundes: Zentrale Stellen der Selbstverwaltung arbeiten ohne Kompetenz der Ärztinnen!

03.05.1999

Die deutschen Ärztinnen sind in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung nicht angemessen vertreten. Dieses Fazit zieht der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) aus den Ergebnissen seiner Umfrage unter den 17 deutschen Landesärztekammern / Ärztekammern zur die Beteiligung von Frauen in deren Vorstand, Delegiertenversammlung und Ausschüssen. In diesen Gremien werden im Rahmen der ärztlichen Selbstverwaltung grundsätzlich die Weichen für die Berufstätigkeit von Ärztinnen und Ärzten gestellt. Bei den erhobenen Zahlen ist derzeit noch ein Ost-West-Unterschied erkennbar: Da die medizinische Versorgung in der ehemaligen DDR in weiten Teilen von Ärztinnen getragen wurde, sind in den ostdeutschen Kammern die Ärztinnen zum Teil noch wesentlich stärker als in den westdeutschen vertreten und auch eingebunden.

Patientinnen und Patienten profitieren, wenn Ärztinnen mitmischen
DÄB-Präsidentin Dr. Astrid Bühren zum Umfrage-Ergebnis:"Ärztinnen gehören in alle Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung! Ihre besondere Erfahrungskompetenz kann die Arbeit dieser Gremien - gerade im Hinblick auf die Patienten - nur bereichern. Außerdem verläuft der Berufsweg vieler Ärztinnen - etwa durch die Kinderpause - nicht so gradlinig und kompakt wie der der männlichen Kollegen. Nachteile ergeben sich dadurch in der Weiterbildung zur Fachärztin, der Niederlassung, den allgemeinen Karrierechancen und der Altersversorgung. Dieses Wissen muß stärker in alle Gremien der Selbstverwaltung eingebracht werden."

Nach der Statistik der Bundesärztekammer sind unter den berufstätigen Ärzten in Deutschland rund 40 Prozent Frauen. Wie die DÄB-Umfrage zeigt, liegt der Ärztinnenanteil in den Kammern der neuen Bundesländer bei 50 Prozent und mehr. Der Anteil der weiblichen Kammermitglieder in den alten Bundesländern bewegt sich zwischen 33 Prozent (Rheinland-Pfalz) und 38 Prozent (Hamburg). In den Delegiertenversammlungen der Ärztekammern liegt der Frauenanteil jedoch nur zwischen 12 Prozent (Westfalen-Lippe) und 33 Prozent (Schleswig-Holstein). In den Kammervorständen beträgt der Anteil der Ärztinnen zwischen rund 13 Prozent (Bayern und Rheinland-Pfalz) sowie rund 29 Prozent (Brandenburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein). Die Ausnahme bildet bei den Vorständen Thüringen, das einen Ärztinnenanteil von rund 43 Prozent unter den Vorstandsmitgliedern hat.

Nur eine von 17 Kammern hat eine Kammerpräsidentin. Und erst bei den jüngsten Kammerwahlen stieg die Zahl der Vizepräsidentinnen auf bundesweit fünf. Darüber hinaus sind in zentralen Auschüssen der Ärztekammern wie etwa denen für Finanzen, Weiterbildung oder Krankenhausplanung sehr häufig überhaupt keine Ärztinnen vertreten.

Modelle für konsequente Förderung zeigen Erfolge
Als Konsequenz dieser Datenerhebung ergibt sich für den Deutschen Ärztinnenbund, daß auf Bundes- und Länderebene dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit Ärztinnen stärker in die Selbstverwaltung des Berufsstandes eingebunden werden. Darauf hat DÄB-Präsidentin Dr. Astrid Bühren in einem Brief an die Ärztekammern und an deren Aufsichtsbehörden hingewiesen. Bühren:" Für wirksame Frauenförderung gibt es keinen Königsweg - die wirksamste Förderung ist die überzeugte Motivierung von Ärztinnen und ihre tatsächliche Einbindung!" Dabei verweist der DÄB auf zwei Beispiele:

Beispiel 1: Frauenförderung durch Quote
In Schleswig-Holstein wurden 1996 das Heilberufsgesetz und damit die Wahlordnung der Ärztekammer dahingehend geändert, daß auf allen Wahllisten so viele Kandidatinnen aufgestellt werden müssen, wie ihr jeweiliger Anteil unter den Kammermitgliedern beträgt. Damit werden Ärztinnen ermutigt, sich trotz häufiger Doppelbelastung durch Beruf und Familie zusätzlich in die Selbstverwaltung des Berufsstandes einzubringen. Aufgrund dieser Änderung stieg der Ärztinnen-Anteil in der Delegiertenversammlung bei den Kammerwahlen 1997 auf Anhieb von 21,4 auf 32,9 Prozent (bei 35,8 Prozent Ärztinnen unter den Pflichtmitgliedern der Kammer).

Beispiel 2: Frauenförderung durch konsequentes Handeln
Von der einzigen Präsidentin einer deutschen Ärztekammer, der Bremerin Dr. Ursula Auerswald, wurde als einer der ersten Amtshandlungen nach der Wahl der Ausschuß "Ärztinnen" aufgelöst. Ein solcher Ausschuß befaßt sich in fast allen Kammern mit den besonderen Problemen der Ärztinnen. Danach wurde in Bremen jedoch konsequent darauf geachtet, daß bei der Besetzung aller Ausschüsse bewußt auch Ärztinnen aufgestellt wurden. Heute ist in Bremen und Bayern als einzigen deutschen Kammern in allen Ausschüssen mindestens eine Ärztin vertreten.

Wahlen: Eine Vize und zwei Beisitzerinnen in die Bundesärztekammer-Spitze!
Die Ergebnisse auf Landesebene spiegeln sich nach Auffassung des Deutschen Ärztinnenbundes auch in den Gremien der Bundesärztekammer. Dort sind im 20köpfigen Vorstand nur zwei Kolleginnen vertreten. Für die anstehenden Wahlen auf dem diesjährigen Deutschen Ärztetag im Juni in Cottbus fordert der Deutsche Ärztinnenbund deshalb, daß im Führungstrio der Bundesärztekammer mindestens eine Vize-Präsidentin sein muß. Außerdem sollten die beiden frei zu wählenden Beisitzer-Posten, die ausdrücklich für im Vorstand zu wenig berücksichtigte Gruppen geschaffen wurden, mit zwei qualifizierten Kolleginnen besetzt werden.

Die vollständigen Umfrage-Ergebnisse erhalten Sie über:
DÄB-Geschäftsstelle, Frau Baddack, Rhinstraße 84, 12681 Berlin.
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